Das Pflichtteilsrecht bzw. Pflichtteilsansprüche vermitteln nahen Verwandten des Erblassers einen Anspruch auf Mindestteilhabe am Nachlass, der sich grundsätzlich nicht umgehen lässt.
Beispiele für Pflichtteilsansprüche
Witwer W hat zwei Söhne, A und B. Sein Verhältnis zu A ist seit jeher gut, mit B hat er schon seit Jahren kein Wort mehr gesprochen. W beruft A per Testament zu seinem Alleinerben – B fragt sich nach dem Tod des W, ob auch er Ansprüche gegenüber dem Nachlass geltend machen kann.
Die Eheleute M und F setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein – nach dem Tod des Letztversterbenden sollen ihre Kinder S und T Erben werden. T fragt sich nach dem Tod des M, ob sie nicht schon zu Lebzeiten der F einen Teil des Nachlasses beanspruchen kann.
Werden pflichtteilsberechtigte Personen (Kinder, Ehepartner – Eltern nur, sofern keine Kinder vorhanden sind) von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, steht ihnen grundsätzlich ein Pflichtteilsrecht zu. Pflichtteilsansprüche belaufen sich bei Abkömmlingen und Eltern auf die Hälfte der gesetzlichen Erbquote, bei Eheleuten sind weitere Besonderheiten zu beachten.
Dem Pflichtteilsberechtigten steht ein Auskunftsanspruch zu Bestand und Wert des Nachlasses zu, den er gegen den oder die Erben geltend machen kann. Auf Grundlage der erteilten Auskünfte ist der jeweilige Pflichtteilsanspruch schließlich zu berechnen und konkret geltend zu machen.
Der Erbe schuldet auch Auskunft über den sog. fiktiven Nachlass; hierbei werden auch Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten berücksichtigt. Solche Schenkungen können sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche des Pflichtteilsberechtigten auslösen, die grundsätzlich ebenfalls gegenüber dem Erben geltend zu machen sind. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Erblasser den Nachlass zu Lasten eines unliebsamen Angehörigen durch lebzeitige Schenkungen aushöhlt.
Wichtig!
In manchen Fällen kann auch eine Ausschlagung einer Erbenstellung erforderlich sein, um den eigenen Pflichtteilsanspruch vollständig realisieren zu können.
Beispiel:
Witwer W setzt seine Kinder A und B per Testament zu hälftigen Miterben ein, ordnet jedoch an, dass A die Nachlassimmobilie im Wege des (Voraus-)Vermächtnisses erhalten soll. Die Immobilie (400.000 EUR) macht nahezu den gesamten Nachlasswert (insg. 500.000 EUR) aus.
Nimmt B die Erbschaft an, erhält er nach Erfüllung des Vermächtnisses an A nur noch (500.000 EUR – 400.000 EUR =) 100.000 EUR : 2 = 50.000 EUR aus dem Nachlass seines Vaters.
Hätte B die Erbschaft dagegen ausgeschlagen, hätte sich sein Pflichtteilsanspruch aus dem Gesamtnachlass auf (500.000 EUR : 4 =) 125.000 EUR belaufen.
Achtung!
Die sog. „taktische Ausschlagung“ zur Realisierung des vollen Pflichtteilsanspruchs ist grundsätzlich nur binnen der gesetzlichen, 6-wöchigen Ausschlagungsfrist möglich. Es handelt sich um ein komplexes und zeitkritisches Unterfangen, das nur mit anwaltlicher Hilfe in Angriff genommen werden sollte.
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Nicolai Utz
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