Die Ausschlagung einer Erbschaft ist den meisten nur in Zusammenhang mit einem überschuldeten Nachlass ein Begriff. Dabei kann die lenkende Ausschlagung – richtig gestaltet und eingesetzt! – ein probates Mittel sein, die Erbfolge auch nach dem Tod einer Person aktiv zu beeinflussen, z. B. aus steuerlichen Gründen.
Was geschieht bei der Ausschlagung einer Erbschaft?
Wer per Gesetz oder letztwilliger Verfügung Erbe wird, muss das Erbe nicht annehmen: Man kann die Erbschaft auch ausschlagen.
Meist kommt es bei einem überschuldeten Nachlass zu einer Ausschlagung, um nicht für die Schulden des Erblassers einstehen zu müssen. Das gelingt, da man durch die erfolgreiche Ausschlagung für die Erbfolge als vorverstorben gilt und nicht (mehr) Erbe wird.
Die Folgen der Erbschaftsausschlagung sind allerdings erheblich: Man erbt weder Vermögen noch Schulden, man geht also vollständig leer aus. Die gesetzlichen oder testamentarischen Ersatzerben werden stattdessen Erben. An die Stelle des Kindes treten bei gesetzlicher Erbfolge beispielsweise dessen Kinder (Enkelkinder).
Tipp! Sollen auch minderjährige Kinder nicht erben, müssen die Eltern auch für die Kinder ausschlagen. Bei vorheriger Ausschlagung der Eltern geht das teilweise ohne Genehmigung des Familiengerichts (§ 1643 BGB). Volljährige Kinder müssen selbst ausschlagen.
Warum sollte man schnell aktiv werden?
Die Ausschlagung ist an eine Frist gebunden: Sie muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls bei dem Nachlassgericht erklärt werden, an dem die verstorbene Person ihren letzten Wohnsitz hatte. Diese Frist kann nicht verlängert werden. Verstreicht die Frist, gilt die Erbschaft als (endgültig) angenommen.
Was ist eine lenkende Ausschlagung?
Eine Ausschlagung ist allerdings – anders als landläufig geglaubt – nicht nur bei einem überschuldeten Nachlass möglich.
Als lenkende Ausschlagung kann man mit ihr nach dem Tod einer Person aktiv auf deren Erbfolge einwirken und damit auf Rechte und Pflichten Einfluss nehmen – auch dann, wenn z. B. testamentarische Verfügungen nicht mehr verändert werden können.
Wann kann eine lenkende Ausschlagung sinnvoll sein?
Eine lenkende Ausschlagung kann u. a. in folgenden Konstellationen sinnvoll sein:
- Berliner Testament: Der überlebende Ehegatte ist an das gemeinsame Testament gebunden. Eine lenkende Ausschlagung (v. a. im höheren Alter) kann insbesondere aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein, dazu unser Beitrag „Berliner Testament – mit lenkender Ausschlagung Steuernachteile vermeiden“.
- Gesetzliche Erbfolge / normales Testament im höheren Alter: Stirbt ein Ehepartner (im höheren Alter), kann die gesetzliche/testamentarische Erbfolge wie beim Berliner Testament erhebliche Steuernachteile für den Ehegatten bzw. später für gemeinsame Kinder haben. Der Grund: Der Ehepartner zahlt Erbschaftsteuer auf das geerbte Vermögen und beim Tod des Längerlebenden zahlen die erbenden Kinder Erbschaftsteuer auf dessen Nachlass. Weil zum Nachlass des länger lebenden Ehepartners auch der nach dem ersten Todesfall geerbte Anteil gehört, kommt es so teilweise zu einer doppelten Besteuerung. Eine Ausschlagung des überlebenden Elternteils kann eine doppelte Besteuerung verhindern, weil die Kinder als Folge der Ausschlagung direkt vom erstverstorbenen Elternteil erben. Der überlebende Elternteil erhält nichts und muss keine Erbschaftsteuer zahlen.
- Kinder schlagen zugunsten von Enkeln aus: Schlagen Kinder einer verstorbenen Person das Erbe aus, werden in der Regel deren Kinder (Enkel) direkte Erben der Großeltern. Das kann u. a. sinnvoll sein, wenn die Kinder im Wege der Schenkung bereits Vermögen erhalten haben und z. B. die Freibeträge ausgereizt sind. Werden die Enkel Erben, können sie jeweils einen eigenen Freibetrag von immerhin 200.000 Euro gegenüber dem Großelternteil nutzen.
Abfindungsvertrag: Ausgleich vor Ablauf der Ausschlagungsfrist regeln
Die lenkende Ausschlagung kann zu erheblichen Steuerersparnissen für Kinder führen, gerade wenn die Eltern schon ein hohes Alter erreicht haben bzw. wenn Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten viel Vermögen übertragen haben.
Und doch muss dieser Schritt – auch innerhalb der kurzen Frist – gut überlegt sein. Denn die Folgen sind gravierend.
Wichtig ist, in dieser Situation für eine finanzielle Absicherung der Person zu sorgen, die das Erbe ausschlägt, also z. B. für eine finanzielle Absicherung des überlebenden Elternteils im Alter zu sorgen.
Dafür ist es erforderlich, vor der Erklärung der Ausschlagung mit den Personen, die von der Ausschlagung profitieren, vertraglich eine Abfindung zu vereinbaren (Abfindungsvereinbarung) und z. B. einen Ausgleich in Form einer Rentenzahlung oder eines Nießbrauchs (z. B. Wohnrecht) zu schaffen.
Bei richtiger Ausgestaltung kann der von der Ausschlagung profitierende Erbe seinen steuerpflichtigen Erwerb durch die geleistete Abfindung reduzieren und der Ausschlagende für die erhaltene Abfindung seinen Freibetrag gegenüber dem Erblasser nutzen.
Profitieren Minderjährige von einer Ausschlagung, sind in der Regel ein Ergänzungspfleger und eine familiengerichtliche Genehmigung für die Vereinbarung der Abfindung erforderlich. In der Kürze der Ausschlagungsfrist ist es allerdings meist schwierig, zu einer finalen Regelung vor Ablauf der Frist zu kommen.
Fallstricke der lenkenden Ausschlagung vermeiden!
Um verlässlich und gut über eine lenkende Ausschlagung entscheiden zu können, ist es unverzichtbar, unmittelbar rechtlichen und steuerlichen Rat einzuholen, sobald man von einem Todesfall erfährt, bei dem man Erbe ist. Denn eine Ausschlagung kann auch ungewollte Folgen haben, z. B. wenn man durch die Ausschlagung einer Person erbt, an die man nicht gedacht hatte. Auch in diesem Fall ist die Ausschlagung wirksam. Deswegen ist es unerlässlich, im Vorfeld zu prüfen, wer infolge der Ausschlagung Erbe wird.
Schlüsselfaktoren: Zeit und versierte Berater
Wegen der nur sechswöchigen Ausschlagungsfrist ist es unerlässlich, sich so früh wie möglich an einen versierten Berater zu wenden.
Der richtige Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Ausschlagung der Erbschaft ist ein Fachanwalt für Erbrecht, auch als Bindeglied zwischen den relevanten Steuer- und Rechtsfragen. Dabei gilt: Je mehr Zeit dem Berater zur Verfügung steht, umso genauer ist eine steuerliche (Grob-)Einwertung des Nachlasses möglich, genauso auch das Ausarbeiten einer steueroptimierten Gestaltung/Strategie. Gerade bei der Steuer- und Rechtsberatung aus einer Hand wird der Berater bereits die Darstellung gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung im Blick haben.
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Nicolai Utz
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