Teilungsanordnung vs. Vorausvermächtnis: Das sollte man wissen!

Erblasser können testamentarisch festlegen, welcher Erbe was aus dem Nachlass bekommen soll bzw. wie der Nachlass aufgeteilt werden soll – mit einer Teilungsanordnung oder einem Vorausvermächtnis. Die Wirkung dieser Gestaltungsmöglichkeiten ist allerdings sehr unterschiedlich und hat erhebliche Auswirkungen auf Nachlass und Erben.

Auseinandersetzung des Nachlasses birgt Konfliktpotenzial

Erbengemeinschaften bringen nicht selten Streit unter den Erben mit sich. Denn den Erben gehört in dieser Situation zunächst alles gemeinsam, eine Einsetzung von Erben auf einzelne Nachlassgegenstände gibt es nach deutschem Erbrecht nicht. Vor allem die Aufteilung des Nachlasses zwischen den Erben (Auseinandersetzung) ist dann oftmals schwierig.

Allerdings haben Personen, die ihren Nachlass gestalten wollen, die Möglichkeit, Streit unter den Erben über die Aufteilung des Nachlasses zu vermeiden: Das Erbrecht kennt Möglichkeiten, zu regeln, welcher Erbe was aus dem Nachlass bekommen bzw. wie der Nachlass aufgeteilt werden soll: die Teilungsanordnung und das Vorausvermächtnis.

Diese beiden Gestaltungsmöglichkeiten sind in ihrer Wirkung allerdings sehr unterschiedlich und haben erhebliche Auswirkungen auf den Nachlass und die Erben.

Es gilt deswegen, genau zu wissen, welche Wirkungen und Folgen Teilungsanordnungen und Vorausvermächtnisse haben, um sich für das richtige Regelungsinstrument entscheiden zu können. In einem zweiten Schritt gilt es dann, klar zu formulieren, was gewollt ist, um kein zusätzliches Risiko für Erbstreitigkeiten zu schaffen. 

Die Teilungsanordnung

Nicht zu Unrecht sorgen sich Erblasser häufig, dass nach ihrem Tod in der Erbengemeinschaft Streit über die Aufteilung des Nachlasses ausbricht.

Ein Mittel, dem selbst zu Lebzeiten möglichst entgegenzuwirken, ist die Teilungsanordnung (§ 2048 BGB). Mit diesem Gestaltungselement kann der Erblasser festlegen, wie der Nachlass unter den Erben aufgeteilt wird. Er kann einzelnen oder allen Erben bestimmte Nachlassgegenstände wie z. B. Immobilien, bewegliches Vermögen, Depots etc., aber auch Rechte (wie z. B. eine Geldforderung) zuweisen.

Hinweis! Die Teilungsanordnung muss den Formvorschriften für letztwillige Verfügungen entsprechen, also z. B. vollständig eigenhändig handschriftlich verfasst sein oder notariell beurkundet werden.

Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich bei der Teilungsanordnung zwar „nur“ um eine Anordnung in Bezug auf die Aufteilung des gesamten oder von Teilen des Nachlasses zwischen den Erben. Dennoch sollte eine Teilungsanordnung nicht isoliert erfolgen, sondern Bestandteil eines einheitlichen Testaments sein (mehr zum Thema „Testament“ lesen Sie hier).

Denn Erbquoten und Teilungsanordnung sollten immer gemeinsam geregelt sein.  

Wie kann eine solche Teilungsanordnung aussehen?

Ein Beispiel:

Eine Erblasserin ist Eigentümerin eines Mehrparteien-Hauses, bestehend aus acht Eigentumswohnungen. Im handschriftlichen Testament legt sie fest: Wohnung 1 und 2 sollen Eigentum der Erbin A werden, die Wohnungen 3 und 4 Eigentum des Erben B, die Wohnungen 5 und 6 Eigentum der Erbin C, die Wohnungen 7 und 8 Eigentum der Erbin D.

Grundsätzlich gilt dabei: Der Begriff „Teilungsanordnung“ muss im Testament nicht ausdrücklich fallen, damit es sich um eine Teilungsanordnung handelt. Maßgeblich ist der mutmaßliche Wille des Erblassers, der im Zweifel durch (streitträchtige) Auslegung zu ermitteln ist. Eine klare Formulierung und Bezeichnung als Teilungsanordnung sind allerdings sinnvoll.

Entscheidendes Merkmal einer Teilungsanordnung ist, dass sich der Erbanteil der Personen, denen Nachlassgegenstände im Wege einer Teilungsanordnung zugeordnet werden, durch die Teilungsanordnung nicht verändert. Der Wert des zugeordneten Nachlassgegenstandes ist auf den Erbteil des jeweiligen Erben voll anzurechnen.

Wie wirkt sich dann eine Teilungsanordnung aus?

Ein Beispiel:

Der Nachlass der Erblasserin hat einen Wert von 1 Mio. Euro, es gibt vier Erben, die zu gleichen Teilen erben. Im Testament findet sich eine Teilungsanordnung, dass Erbin A eine Immobilie im Wert von 200k Euro erhalten soll, in Bezug auf den Rest der Erben gibt es keine Anordnungen.

Den Wert von 200k Euro muss sich Erbin A dann auf ihren Erbanteil bei der Auseinandersetzung anrechnen lassen. Übersteigt der Wert der zugeordneten Erbmasse den Erbanteil, besteht eine Ausgleichspflicht. Wäre die Immobilie im vorstehenden Beispiel also z. B. 300k Euro wert, müsste Erbin A die Differenz zwischen dem Wert der Immobilie (300k) und ihrem Erbteil (250k) in Höhe von insgesamt 50k Euro an die restlichen Erben ausbezahlen.

Hinweis: Bei der Teilungsanordnung führen die Bewertung von Vermögensgegenständen sowie des Ausgleichsanspruchs häufig zu Streit zwischen den Erben.

Das Vorausvermächtnis: Mehr für einzelne Erben

Anders funktioniert das Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB). Mithilfe eines Vorausvermächtnisses können Erblasser einzelnen Erben bestimmte Nachlassgegenstände zusätzlich zum eigentlichen Erbanteil zukommen lassen und damit aus der auf alle Erben zu verteilenden Erbmasse herausnehmen.

Hinweis: Auch hier muss sich der Erblasser an die Formvorschriften für letztwillige Verfügungen halten, auch hier gilt: Die Anordnung eines Vorausvermächtnisses sollte nicht gesondert erfolgen, sondern Bestandteil eines einheitlichen Testaments sein.

Anders als bei einer Teilungsanordnung wird der Wert des Vorausvermächtnisses NICHT auf den Erbteil des Erben angerechnet, dem das Vorausvermächtnis zugutekommt. Das bedeutet: Unabhängig davon, welchen Wert das Vorausvermächtnis hat, haben die übrigen Erben keinen wertmäßigen Ausgleichsanspruch gegen den Erben, dem das Vermächtnis zugutekommt.

Letztlich reduziert das Vermächtnis die Erbmasse, die allen Erben zusteht, um den Wert des vermachten Nachlassgegenstandes.

Ein Beispiel:

Der Nachlass besteht aus unterschiedlichen Vermögensgegenständen: Immobilie, Wertpapiere, Wertgegenstände und Schmuck, in Summe 1 Mio. Euro. Es gibt vier Erben. Die Erblasserin regelt in ihrem Testament: „Ich vermache meiner Erbin A meine Eigentumswohnung als Vorausvermächtnis.“ (Wert 400k Euro)

Obwohl die Erbquote der Erbin A durch die Eigentumswohnung übererfüllt wird, muss sie keinen Ausgleich an die drei übrigen Erben leisten. Streiten kann man allerdings darüber, ob Erbin A zusätzlich zur Wohnung einen ihrer Erbquote entsprechenden Anteil am übrigen Nachlass erhält oder nicht. Ist weiter nichts geregelt, werden alle vier – inkl. des Vorausvermächtnisnehmers – zu jeweils 25 %Erben des verbleibenden Nachlasses im Wert von 600k Euro. Der Vermächtnisnehmer profitiert also auch vom übrigen Nachlass. Das ist in der Praxis aber häufig eine Frage der Auslegung. Auch hier empfehlen sich klare Formulierungen.  

Ziel des Vorausvermächtnisses ist es, einzelnen Erben gegenüber den anderen einen Vorteil zu verschaffen, ihnen also mehr als ihre Erbquote zukommen zu lassen. Der Erbe, der in den Genuss eines Vorausvermächtnisses kommt, kann dessen Erfüllung auch schon vor der übrigen Erbauseinandersetzung verlangen.

Unklare Formulierungen: Risiko für zusätzlichen Streit unter Erben

Wenn in einer letztwilligen Verfügung einzelne Erben „bedacht“ werden oder einzelnen Erben Nachlassgegenstände „zugeordnet“ werden, ist oftmals unklar, ob es sich um eine Teilungsanordnung oder um ein Vorausvermächtnis handelt. In solchen Fällen ist die Abgrenzung zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis schwierig, macht aber eben einen erheblichen Unterschied für Nachlass und Erben.

Ist nicht ausdrücklich formuliert, ob es sich um eine Teilungsanordnung oder um ein Vorausvermächtnis handeln soll, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob es Wille des Erblassers war, einem Erben mehr zukommen zu lassen als den anderen oder nicht. Diese Fragen bergen großes Streitpotenzial und müssen in der Praxis häufig gerichtlich zwischen den Erben geklärt werden. 

Zuverlässige Formulierungen mit anwaltlicher Unterstützung

Deswegen ist es wichtig, dass Erblasser in letztwilligen Verfügungen ihren Willen klar formulieren und dabei die juristisch richtigen Begriffe für das Gewollte verwenden. 

In der professionellen Testamentsgestaltung werden häufig Vorausvermächtnisse verwendet, um Streit zwischen den Erben über den (zukünftigen) Wert einzelner Nachlassgegenstände zu vermeiden.

Ich unterstütze Sie gerne dabei, zu entscheiden, ob Sie nur die Aufteilung des Nachlasses festlegen wollen (Teilungsanordnung) oder ob Sie einer Person aus dem Kreis der Erben mehr zukommen lassen wollen als den anderen (Vorausvermächtnis). Natürlich unterstütze ich Sie auch dabei, dann die passende Formulierung in Ihre letztwillige Verfügung aufzunehmen. Falls Sie Erbe sind und mit anderen Erben Streit besteht, ob in einem Testament eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis getroffen worden ist, berate und vertrete ich Sie gerne bei der Lösung eines solchen Konflikts! 

Häufige Fragen zum Thema Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis:

Was ist der Unterschied zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis?

Eine Teilungsanordnung legt fest, welcher Erbe was aus dem Nachlass bekommen soll. Es handelt sich „nur“ um eine Anordnung, wie der Nachlass zu verteilen ist. Der Erbanteil der einzelnen Erben ändert sich dadurch nicht. Ein Vorausvermächtnis hingegen verschafft einem Erben einen zusätzlichen Vorteil, der nicht auf seinen Erbteil angerechnet wird. Er erhält mit dem Vorausvermächtnis mehr als nur seinen Erbanteil und mehr als die anderen Erben.

Warum sind klare Formulierungen im Testament so wichtig?

Unklare oder falsche Begriffe sowie schwammige Formulierungen führen dazu, dass unklar bleibt, ob es sich um eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis handelt. Solche unklaren Formulierungen führen oft zu Streit zwischen den Erben. Wer als Erblasser Streit möglichst vermeiden will, muss die juristisch richtigen Begriffe und eindeutige Formulierungen verwenden.

Welche Vorteile bietet eine Teilungsanordnung im Testament?

Mit einer Teilungsanordnung kann der Erblasser festlegen, wer welchen Nachlassgegenstand erhält, z. B. Immobilien, Konten oder Wertgegenstände. So lassen sich Konflikte innerhalb der Erbengemeinschaft über die Aufteilung dieser Nachlassgegenstände vermeiden, weil klare Zuweisungen getroffen sind.

Wann ist ein Vorausvermächtnis sinnvoll?

Ein Vorausvermächtnis ist sinnvoll, wenn ein Erbe gezielt einen zusätzlichen Vermögensvorteil erhalten soll, z. B. eine Immobilie, wertvolle Schmuckstücke oder ein bestimmtes Fahrzeug. Der Vorteil: Das Vorausvermächtnis wird nicht auf den Erbteil angerechnet, sondern zusätzlich gewährt. So kann der Erblasser bestimmte Personen bevorzugen und gleichzeitig Streit über Ausgleichsansprüche zwischen den Erben vermeiden.

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Ihr Nicolai Utz

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Nicolai Utz

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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht
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