Inhaber von Betrieben und Gesellschafter von Unternehmen sollten ihre Erbfolge nicht dem Gesetz überlassen, um negative Folgen der gesetzlichen Erbfolge auf das Unternehmen und/oder die Erben im Todesfall zu verhindern. Das gilt sowohl für Inhaber von Einzelunternehmen als auch für Gesellschafter von Personen- und Kapitalgesellschaften.
Gesetzliche Erbfolge birgt bei Unternehmen erhebliche Risiken
Die gesetzliche Erbfolge nach BGB geht davon aus, dass Kinder eines Erblassers und ein Ehepartner zu bestimmten Anteilen das gesamte Vermögen gemeinsam erben. Ehepartner und Kinder eines Erblassers werden als Erbengemeinschaft Gesamtrechtsnachfolger und damit gemeinsam Eigentümer aller Vermögensgegenstände im Nachlass. Sind keine Kinder vorhanden, ist es auch möglich, dass eine Erbengemeinschaft zwischen dem Ehepartner und den Eltern/Geschwistern des Erblassers entsteht.
Gehört ein Unternehmen oder gehören Unternehmensanteile zu einem Nachlass, gilt grundsätzlich auch hierfür: Alle Erben treten gemeinsam an die Stelle des Verstorbenen.
Das birgt einerseits die Gefahr, dass der Anteil des Verstorbenen in kleine Anteile „zersplittert“ und andererseits das Risiko von Blockade-Situationen, die bis hin zur Beschlussunfähigkeit einer Gesellschafterversammlung führen können. Ebenfalls nicht ausgeschlossen: die Führungslosigkeit und vollkommene Blockade durch den Tod des Geschäftsführers oder eine Kombination aus beidem, wenn mangels Beschlussfähigkeit kein neuer Geschäftsführer bestellt werden kann.
Aus diesem Grund ist es für das Weiterbestehen, die Handlungsfähigkeit und den Erfolg eines Unternehmens unerlässlich, dass Unternehmensinhaber und Gesellschafter (sowie Geschäftsführer) unabhängig von ihrem Alter die unkontrollierte Übertragung des Unternehmens oder von Unternehmensanteilen im Fall ihres Todes mit einem Unternehmertestament verhindern.
Denn das dient dem Wohl des Unternehmens (finanziell und rechtlich), dem Wohl der Beschäftigten und hilft, Konflikte unter Erben zu verhindern. Dabei spielt allerdings nicht nur das Erbrecht eine Rolle. Bei der Gestaltung eines Unternehmertestaments geht es in der Regel um eine oft komplexe Gemengelange aus Erbrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht.
Unternehmen aus der Erbmasse „aussondern“
Kein Unternehmer ist „nur Unternehmer“. Im Vermögen eines Unternehmers findet sich in aller Regel auch Privatvermögen, das keinerlei Bezug zum Unternehmen hat: z. B. eine private Wohnimmobilie, private Kapitalanlagen etc.
Insofern erscheint es sinnvoll, den „privaten Nachlass“ und das Unternehmen in letztwilliger Verfügung unterschiedlich zu behandeln und das Unternehmen gewissermaßen aus der restlichen Erbmasse auszusondern. Kann die Erbengemeinschaft im Einzelfall für den rein privaten Teil des Vermögens die richtige Lösung sein, gilt das für Unternehmen(santeile) eher nicht: Hier gilt es, die Erbengemeinschaft zu vermeiden bzw. jedenfalls klare Regelungen zu treffen!
Ist trotz Unternehmensbeteiligung in einem individuellen Fall die Entstehung einer Erbengemeinschaft gewünscht, ist es ratsam, im Unternehmertestament eine Testamentsvollstreckung anzuordnen, die klare und im Zweifel auch detaillierte Vorgaben zu den Aufgaben und Befugnissen des Testamentsvollstreckers machen sollte. Eine Dauerlösung ist eine Erbengemeinschaft unter Testamentsvollstreckung allerdings trotzdem nicht.
Um das Unternehmen von der übrigen Erbmasse „abzusondern“, können unterschiedliche (erb-)rechtliche Gestaltungsmittel in einem Unternehmertestament sinnvoll sein: beispielsweise folgende rechtliche Instrumente im Rahmen eines Unternehmertestaments.
- Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB): Damit kann der Unternehmer das Unternehmen oder seinen Unternehmensanteil einer Person per letztwilliger Verfügung zukommen lassen, ohne dass diese Person zugleich Erbe (des übrigen Vermögens) wird. So können beispielsweise Personen, die keine Beziehung zum „privaten Nachlass“ haben, als Unternehmensnachfolger definiert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Angehörigen erbrechtlich Pflichtteilsansprüche am Nachlass zustehen. In diesem Zusammenhang besteht insbesondere das Risiko, dass die Erben (Ehepartner/Kinder) das ihnen Zugedachte ausschlagen und/oder ihren Pflichtteil (§§ 2303 ff. BGB) geltend machen. Dieser Pflichtteil ist ein am Verwandtschaftsverhältnis und am Wert des Gesamtnachlasses anknüpfender Zahlungsanspruch, der die vorhandene Liquidität übersteigen und somit das Unternehmen in seiner Existenz gefährden kann.
- Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB): Damit bestimmt der Erblasser in seinem Testament, dass ein bestimmter Erbe das Unternehmen bzw. den Unternehmensanteil zusätzlich zu seinem Erbteil erhalten soll. Der Wert dieses Vermächtnisses wird nicht auf seinen Erbteil angerechnet. So kann der „designierte Nachfolger“ das Unternehmen weiterführen, ohne Ausgleichszahlungen an andere Erben leisten zu müssen und bekommt unterm Strich mehr als die anderen Erben. Das Thema Pflichtteil kann aber auch bei dieser Gestaltung zur Herausforderung werden.
- Teilungsanordnung (§ 2048 BGB): Damit kann ein Unternehmer die gesamte Erbmasse unter den Erben aufteilen, also definieren, wer welche Vermögenswerte aus der Erbmasse (z. B. Unternehmensanteile, Immobilien) jeweils als Alleineigentümer erhalten soll. Damit wird an sich „nur“ die Auseinandersetzung (Verteilung) des Nachlasses geregelt. Anders als beim Vorausvermächtnis wird bei Teilungsanordnungen der Wert des „zugeordneten“ Vermögensteils auf den jeweiligen Erbteil angerechnet. Hier kann es also zu Ausgleichsansprüchen unter den Erben kommen, wenn die Aufteilung zu „ungleich“ war. Neben erheblichen Streitigkeiten zwischen den Erben über den Unternehmenswert kann es auch hier zu existenzgefährdenden Liquiditätsproblemen kommen.
- Enterbungen (§§ 1937, 1938 BGB): Damit können Erblasser einzelne/alle gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausschließen, so dass nur eine Person Erbe („Alleinerbe“) und damit Unternehmensnachfolger wird. Auch in diesem Fall bestehen jedoch grundsätzlich Pflichtteilsansprüche der Enterbten, die den Erben (und somit indirekt das Unternehmen) belasten und das Unternehmen gefährden können.
Tipp! Pflichtteilsansprüche gilt es (neben Steuerfolgen), bei der Nachfolgeplanung und der Gestaltung eines Unternehmertestaments immer gesondert im Blick zu halten. In Summe können die Pflichtteilsansprüche eine Zahlungspflicht in Höhe bis zur Hälfte des gesamten Nachlasswertes (ggf. sogar unter zusätzlicher Berücksichtigung des Werts lebzeitiger Schenkungen) auslösen. Wenn der Unternehmensnachfolger einer solchen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt ist, wird er in der Regel auf die Liquidität des Unternehmens zurückgreifen müssen, wobei auch diese zur Erfüllung der Ansprüche oft nicht ausreicht.
Welche rechtlichen Gestaltungsmittel am besten geeignet sind, um in einem Unternehmertestament die Unternehmensnachfolge im Todesfall zu regeln, ist immer stark vom Einzelfall abhängig, also z. B. von der Familienkonstellation und den Vermögensverhältnissen (auch neben dem Unternehmen).
Grundsätzlich gilt bei der Planung der Unternehmensnachfolge aber: Führt ein Unternehmertestament zu einem (wertmäßigen) Ungleichgewicht bei den gesetzlich vorgesehenen Erben, sollten bereits zu Lebzeiten klare Regelungen getroffen/abgestimmt werden – grundsätzlich auch mit den Personen, die von den Regelungen des Unternehmertestaments profitieren oder auch nicht.
Insbesondere gilt es, durch klare Planung und Regelung rechtssicher zu verhindern, dass mit dem Tod des Unternehmers Pflichtteilsansprüche entstehen, die die Liquidität des Nachlasses/des Unternehmens übersteigen. Der sicherste Weg ist, dass der Unternehmer mit den möglichen Pflichtteilsberechtigten bereits zu Lebzeiten Pflichtteilsverzichtsverträge schließt, was in der Praxis üblicherweise gegen eine Schenkung/Zahlung an den Verzichtenden erfolgt.
Die individuelle Nachfolgeplanung und deren konkrete Ausgestaltung (Unternehmertestament, Pflichtteilsverzichtsverträge, Ausgleichsvereinbarungen etc.) hängen immer stark von der persönlichen Situation der Unternehmerfamilie, der Rechtsform des Unternehmens und den individuellen Vorstellungen (z. B. im Hinblick auf Fortführung/Beendigung des Unternehmens nach dem Tod) ab. Die steuerlichen Belange stellen selbstverständlich ebenfalls einen Grundpfeiler der gelungenen Unternehmensnachfolge dar, da insbesondere die Erbschaftsteuer existenzgefährdende Liquiditätsengpässe nach sich ziehen kann.
Zwischenfazit
Ein Unternehmertestament ist für Unternehmer/Gesellschafter unverzichtbar, um das Fortbestehen, die Stabilität und Handlungsfähigkeit eines Unternehmens im Todesfall abzusichern und langwierige und kostenintensive Erbstreitigkeiten zwischen den Beteiligten zu vermeiden.
Denn die gesetzliche Erbfolge birgt erhebliche Risiken für das Unternehmen und die Belegschaft. Ein gut durchdachtes Unternehmertestament hingegen ermöglicht eine kontrollierte Unternehmensnachfolge nach individuellen Wünschen und ausgerichtet an den individuellen Rahmenbedingungen im konkreten Fall.
Die genaue Ausgestaltung des Unternehmertestaments hängt von den individuellen Verhältnissen (insb. Familienverhältnissen, Vermögensstruktur, Unternehmensform) ab.
Allen Situationen ist allerdings gemein, dass eine rechtzeitige und professionelle Gestaltung des Unternehmensnachfolge durch ein Unternehmertestament maßgeblich für eine gelungene Nachfolge im Todesfall ist. Bei Gesellschaftsbeteiligungen ist darüber hinaus von großer Bedeutung, dass die Regelungen im Unternehmertestament und den Gesellschaftsverträgen aufeinander abgestimmt sind.
In Teil II dieses Beitrags erfahren Sie mehr dazu,
- was in einem Unternehmertestament geregelt sein sollte,
- welche Testamentsform dem Grunde nach nicht für ein Unternehmertestament geeignet ist,
- welche wichtige Rolle das Gesellschaftsrecht für das Unternehmertestament spielen kann und
- welche Vorgaben des Steuerrechts wichtig für eine Unternehmensnachfolge im Todesfall sein können.
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