Für Unternehmensinhaber oder Inhaber von Unternehmensanteilen ist es nahezu unerlässlich, ein Unternehmertestament zu errichten. Aber was gilt es, sonst zu wissen und zu beachten, wenn es um das Unternehmertestament und die Regelung der Nachfolge geht?
Was sollte man im Unternehmertestament regeln?
Grundsätzlich ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass es den einen universell richtigen Inhalt für ein Unternehmertestament nicht geben kann.
Für passende Regelungen einer konkreten Unternehmensnachfolge im Todesfall sind zu viele individuelle Umstände ausschlaggebend: Handelt es sich um ein aktiv geführtes Familienunternehmen oder lediglich um eine Beteiligung? Sind mehrere Familienstämme/Gesellschafter involviert? Finden sich in der Familie ein Nachfolger oder mehrere? Soll eine Person außerhalb der Familie die Nachfolge antreten? Wie viel Privatvermögen ist vorhanden, um eventuell für Ausgleich innerhalb der Familie zu sorgen? Was sind die Vorstellungen des Unternehmers und seiner Familie bzw. einzubeziehender Dritter? Insofern sind individuelle, professionelle Beratung und Unterstützung bei der Erstellung eines solchen Testaments unerlässlich.
Generell gibt es natürlich Aspekte, die beim Erstellen eines Unternehmertestaments – wenn auch jeweils abhängig von den individuellen Umständen – immer zu bedenken und zu regeln sind.
Wichtige Regelungspunkte sind beispielsweise:
- Bestimmung des Nachfolgers/der Nachfolger und der konkreten Form der Anordnung im Testament (z. B. Vermächtnis, Teilungsanordnung, alleinige Erbeinsetzung etc.),
- Anordnung von Vermächtnissen z. B. zur Aufteilung des restlichen Nachlasses auf sog. „weichende Familienmitglieder“,
- Absicherung weichender Familienmitglieder z. B. über Zuwendungen aus Erträgen des Unternehmens (aber bei falscher Gestaltung erhebliches Risiko, dass „stille Reserven“ aufgedeckt und besteuert werden),
- ggf. Einsetzung eines Testamentsvollstreckers und Definition der Aufgaben und Befugnisse – vor allem bei Minderjährigen, die einmal die Unternehmensnachfolge antreten sollen,
- Rechtswahl bei Unternehmern, die überwiegend im Ausland leben (Art. 21 Abs. 1 u. Art. 22 der EU-Erbrechtsverordnung – EU-ErbVO).
So gut es allerdings oftmals in rechtlichen Dingen ist, detaillierte Regelungen zu treffen, so sehr kann das beim Unternehmertestament aber auch zu Problemen führen: Eine zu starke Beschränkung über ein Unternehmertestament kann die Handlungsfähigkeit der künftigen Unternehmensinhaber zu stark einschränken. Auch das kann erhebliche nachteilige Folgen für das Unternehmen haben.
So können u. a. Beschränkungen durch Vor- und Nacherbschaft oder eine Dauervollstreckung (ggf. bei Minderjährigen) später unternehmerisch Schwierigkeiten machen. Auch die Anordnung von Bedingungen oder Auflagen für das Antreten der Unternehmensnachfolge (z. B. Abschluss eines passenden Studiums) sind zwar möglich, aber durchaus risikobehaftet.
Nicht zuletzt kann eine unter Ehepaaren gern gewählte Form des Testaments zur Falle im Unternehmerkontext werden: das klassische Berliner Testament. Hier setzen sich Eheleute für den Fall des Todes eines Ehepartners zunächst gegenseitig als Alleinerben ein, Kinder werden Erben des letztversterbenden Ehepartners. Das verhindert zwar im Zweifelsfall, dass beim Tod des Unternehmers bzw. der Unternehmerin unmittelbar eine Erbengemeinschaft aus Ehepartner und Kindern in Bezug auf ein Unternehmen entsteht.
Aber bei dieser de facto Enterbung der Kinder beim ersten Todesfall können eben diese Kinder Pflichtteilsansprüche gegen den überlebenden Ehegatten haben. Diese Ansprüche wiederum können im schlimmsten Fall bei fehlenden liquiden Mitteln dazu führen, dass das Unternehmen bzw. Unternehmensanteile veräußert/liquidiert werden müssen.
Das „klassische“ Berliner Testament ist damit als Unternehmertestament ungeeignet, mit Anpassungen (z. B. Vermächtnis bezogen auf Unternehmen/Unternehmensanteile) aber eine denkbare Lösung. Entscheidend ist bei der Gestaltung immer, in welcher Rechtsform Personengesellschaft/Kapitalgesellschaft) das Unternehmen bzw. der Betrieb geführt wird.
Gesellschaftsrecht vor Erbrecht
Das Erbrecht und die erbrechtliche Gestaltung haben grundsätzlich erhebliche Bedeutung, wenn es darum geht, die Unternehmensnachfolge im Todesfall zu regeln. Dennoch ist das Erbrecht nicht allein maßgeblich dafür, wer im Fall des Todes eines Unternehmers das Unternehmen fortführt – vor allem bei Unternehmen, die als Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft organisiert sind.
Denn abhängig von der Rechtsform des Unternehmens, das in die Erbmasse fällt, hat das Gesellschaftsrecht über den Gesellschaftsvertrag maßgeblichen Einfluss darauf, ob bzw. wie Unternehmensanteile übergehen können oder auch nicht.
In der Praxis machen Gesellschaftsverträge oftmals exakte Vorgaben, was im Falle des Todes eines Mitgesellschafters mit dessen Unternehmensanteil geschehen soll, z. B. die Fortführung der Gesellschaft unter Anwachsung des Anteils des Verstorbenen bei den verbleibenden Gesellschaftern.
Hinweis! Stirbt ein Gesellschafter und gehen seine Anteile (kraft Testaments) nicht auf die Erben über, haben diese in der Regel dennoch einen Anspruch auf Abfindung für den Unternehmensanteil, der der Erbmasse entzogen wird. Dazu finden sich häufig (unzureichende) Regelungen im Gesellschaftsvertrag.
Ebenso kann sich im Gesellschaftsvertrag eine Regelung befinden, wer Nachfolger eines (Mit-)Unternehmers werden kann (z. B. nur Abkömmlinge von Gesellschaftern) und wer nicht. Ebenso kann festgelegt sein, dass z. B. Testamentsvollstreckung in Bezug auf den Unternehmensanteil untersagt ist. Letzteres verhindert dann z. B. das Einsetzen von Minderjährigen als Unternehmensnachfolger unter Testamentsvollstreckung.
Achtung! Dieser missachtete Widerspruch zwischen Erbfolge und Gesellschaftsvertrag führt in der Praxis häufig dazu, dass die Beteiligungen/Rechte der Minderjährigen von (mehreren) Ergänzungspflegern verwaltet/ausgeübt werden müssen. Der Fokus eines Ergänzungspflegers liegt allerdings vorrangig auf den Interessen des Kindes (insb. Vermeidung von Risiken) und nicht auf den Interessen des Unternehmens, sodass sein Handeln nicht immer im Interesse des Unternehmens liegen muss.
Probleme ergeben sich oftmals, weil gesellschaftsvertragliche Regelungen den erbrechtlichen Regelungen im Unternehmertestament grundsätzlich vorgehen: Das individuell gesetzte Gesellschaftsrecht hat Vorrang vor erbrechtlichen Anordnungen des Unternehmers. Wird das bei der Testamentsgestaltung nicht beachtet, ergeben sich in der Regel erhebliche Abwicklungsprobleme, die zu einem gänzlich anderen Ergebnis führen als vom Erblasser beabsichtigt und überdies ganz erhebliche/ruinöse Steuerlasten auslösen können.
Daran wird deutlich: Man kann das Unternehmertestament nicht isoliert betrachten, sofern das Unternehmen als Gesellschaft (GbR, KG, OHG, GmbH, GmbH & Co KG etc.) organisiert ist. Die exakte Abstimmung von Testament und Gesellschaftsvertrag ist unerlässlich!
Steuern nicht vergessen
Das Vererben von Unternehmen(santeilen) ist natürlich auch ein überaus steuerrelevanter Vorgang: Je nach Steuerklasse und Verwandtschaftsverhältnis können bis zu 50 % Erbschaftsteuer beim Erben erhoben werden. Auch wenn Unternehmen(santeile) im Erbfall auf den Ehepartner und/oder die nächste Generation übergehen, sind bis zu 30 % Erbschaftsteuer möglich. Neben der Erbschaftsteuer kommen bei fehlender Abstimmung von Testament und Gesellschaftsvertrag bzw. bei falscher Abwicklung auch weitere Steuerarten in Betracht, insbesondere Ertragsteuern (durch unbewusste Aufdeckung stiller Reserven) oder Schenkungsteuer (sogar auf Ebene etwaiger Mitgesellschafter).
Bei der Erbschaftsteuer berechnet sich der sog. „steuerpflichtige Erwerb“ in Bezug auf das Unternehmen grundsätzlich aus dem Wert des Unternehmens bzw. der Unternehmensanteile abzüglich Nachlassverbindlichkeiten, Steuerbefreiungen und persönlicher Freibeträge.
Vor allem die sachlichen Steuerbefreiungen sind hier spannend, weil Unternehmen(santeile) unter bestimmten Voraussetzungen nicht in den steuerpflichtigen Erwerb eingezogen werden. Vor allem die Verschonungsregelungen aus § 13a und § 13b Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) bieten eklatante steuerliche Verschonungen für das betriebliche Vermögen – im Falle einer Regelverschonung um 85 %, im Falle einer Optionsverschonung sogar um 100 %. Die Höhe der Verschonung ist insbesondere von Dauer und Umfang der Weiterführung des Unternehmens, aber auch von der Zusammensetzung des Unternehmensvermögens abhängig.
Eine Regelverschonung (85 %) oder Optionsverschonung (100 %) ist allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, die erheblichen Einfluss auf die Unternehmensstrategie haben. Bei der Optionsverschonung (100 %) sind zum Beispiel insbesondere folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Die Behaltensfrist von sieben Jahren muss eingehalten werden: Das „ererbte Unternehmen“ (Betriebsvermögen) darf für mindestens sieben Jahre nicht aufgegeben oder verkauft bzw. dürfen keine wesentlichen Betriebsgrundlagen entnommen werden. Ein späterer Verstoß gegen Behaltensfristen stellt ein rückwirkendes Ereignis dar, die Steuer wird dann nachträglich erhoben. Verstöße müssen dem Finanzamt selbstständig gemeldet werden (andernfalls mögliche Steuerverkürzung/Steuerhinterziehung).
- Die jährliche Lohnsumme des Unternehmens darf innerhalb von sieben Jahren nach dem Erwerb nicht unter die Ausgangslohnsumme (Durchschnitt der letzten fünf Jahre vor dem Erbfall) absinken.
- Das sogenannte (nicht produktive) Verwaltungsvermögen des Unternehmens (z. B. an Dritte vermietete Immobilien) darf max. 20 % des Betriebsvermögens betragen . Ist der Anteil zu hoch, kann die Verschonung vollkommen entfallen.
- Bei Kapitalgesellschaften muss der Anteil des Erblassers an der Gesellschaft grundsätzlich mehr als 25 % betragen bzw. bei Unterschreiten eine sogenannte Poolvereinbarung mit anderen Gesellschaftern zu Lebzeiten getroffen worden sein.
- Bei Erwerben über 26 Millionen erfolgt eine zusätzliche „Verschonungsbedarfsprüfung“ und ggf. eine Abschmelzung der Steuerbefreiung.
Werden nicht alle Voraussetzungen erfüllt, entfällt die Steuerbefreiung (jedenfalls teilweise). Wichtig zu wissen, ist auch, dass die Voraussetzungen für eine 100 %-Verschonung verständlicherweise höher sind als für eine 85 %-Verschonung.
Bei der 85 %-Verschonung gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen, allerdings etwas abgemildert (z. B. fünf Jahre Behaltensfrist, Lohnsummenregelung nur für fünf Jahre). Welche Verschonung in Anspruch genommen werden soll, muss vom Erwerber im Zuge der Erbschaftsteuererklärung beantragt werden. Wird jedoch beispielsweise der 100 %-Antrag gestellt, liegen dessen Voraussetzungen aber nicht vollständig vor, erfolgt stattdessen nicht zwingend eine 85 %-Verschonung, sondern es ist auch möglich, dass die Verschonung komplett entfällt. Die Schwierigkeit, die richtige Entscheidung bei der Antragstellung zu treffen, liegt auch darin, dass sich das Erfüllen/Nichterfüllen aller Voraussetzungen erst sieben Jahre später (Lohnsummen/Behaltensfristen) herausstellt.
Die vorgeschilderte Steuerverschonung kommt grundsätzlich auch bei Schenkungen zu Lebzeiten in Betracht. Insoweit sollte im Zuge der Erstellung des Unternehmertestaments bzw. der Planung der Unternehmensnachfolge auch eine lebzeitige Übertragung in Erwägung gezogen werden, da diese steuerlich besser planbar ist (klarer Zeitpunkt und somit steuerbare Zusammensetzung des Betriebs-/Verwaltungsvermögens zu diesem Zeitpunkt).
Tipp! Besondere Bedeutung hat die Steuerverschonung auch bei der Erstellung des Unternehmertestaments, da bei dessen Gestaltung darauf geachtet werden muss, dass das Testament keine der Steuerverschonung entgegenstehenden Regelungen beinhaltet.
Testament regelmäßig auf Aktualität prüfen, Vollmachten unabdingbar, Nachfolger einbinden
Die Unternehmensnachfolge für den Todesfall rechtzeitig mit einem Unternehmertestament zu regeln, ist aber nicht alles. Eben dieses Testament sollte regelmäßig auf Aktualität geprüft werden, vor allem im Zusammenspiel mit gesellschaftsvertraglichen Regelungen.
Mindestens ebenso wichtig ist es außerdem, zu Lebzeiten an Vertrauenspersonen Vollmachten auszustellen, die im Falle eines längerfristigen oder dauerhaften Ausfalls greifen (Unternehmervollmacht) und als transmortale Vollmacht (Geltung sowohl zu Lebzeiten als auch nach dem Tod) oder postmortale Vollmacht (Geltung nur nach dem Tod) auch die Zeit zwischen Todesfall und Abschluss des Erbscheinverfahrens überbrücken.
Fazit
Die Unternehmensnachfolge im Todesfall sollten Unternehmer frühzeitig mit professioneller Unterstützung angehen und dabei geplante Nachfolger nach Möglichkeit schon zu Lebzeiten einbinden – ebenso Personen, die von einer Nachfolgeregelung betroffen sind. Dabei ist immer zu bedenken, dass eine isolierte Betrachtung des Erbrechts nicht möglich ist: Schnittstellen zum Gesellschaftsrecht, zum Steuerrecht und auch zur Unternehmensberatung müssen mitgedacht werden, weil strategische Fragen der Unternehmensfortführung (u. a. Verwaltungsvermögensquote) maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Steuerlast haben können.
Werden diese Aspekte fachkundig berücksichtigt, reduziert dies erheblich sowohl das Risiko späterer (Erb-)Streitigkeiten über den gesamten Nachlass als auch insbesondere das Risiko, dass
- eine falsche steuerliche Gestaltung wegen fehlender Liquidität,
- Streitigkeiten infolge unwirksamer/unklarer Regelungen und/oder
- fehlende Liquidität wegen nicht mitgedachter Pflichtteilsansprüche
ein Unternehmen zerstören.
In Teil I dieses Beitrags erfahren Sie mehr zu
- den Risiken der gesetzlichen Erbfolge,
- der Bedeutung klar geregelter Gesellschaftsanteile,
- den Auswirkungen fehlender Nachfolgeplanung und
- der Relevanz für alle Unternehmensformen.
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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht
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