In Vergleichen vor den Arbeitsgerichten wird regelmäßig festgehalten, dass der Urlaub des Arbeitnehmers ‚in natura eingebracht und gewährt‘ sei. Das Bundesarbeitsgericht hat dieser Praxis nun mit Urteil vom 3. Juni 2025 eine Grenze gesetzt: Auf den gesetzlichen Mindesturlaub kann auch durch gerichtlichen Vergleich nicht wirksam verzichtet werden.
Der aktuelle Fall
Im entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer wegen Krankheit seinen Urlaub im Jahr 2023 nicht nehmen können. Er und die Arbeitgeberin einigten sich in einem gerichtlichen Vergleich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000 Euro. Dabei enthielt der Vergleich die Klausel, der Urlaub sei bereits „in natura gewährt“, obwohl der Arbeitnehmer im Vorfeld der Vergleichsverhandlungen mehrfach die Arbeitgeberin darauf hingewiesen hatte, dass auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht wirksam verzichtet werden könne. Der Arbeitnehmer forderte später die Abgeltung von sieben Urlaubstagen in Höhe von 1.615,11 Euro nebst Zinsen.
Sowohl die Vorinstanzen als auch das Bundesarbeitsgericht gaben dem Arbeitnehmer Recht.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Gericht stellte klar:
- Der gesetzliche Mindesturlaub darf weder ausgeschlossen noch im Voraus „abbedungen“ werden (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).
- Auch im gerichtlichen Vergleich ist eine solche Vereinbarung unwirksam. Es liegt auch kein – grundsätzlich zulässiger – Tatsachenvergleich vor, auf den § 13 Abs.1 S. 3 BUrlG keine Anwendung findet. Ein solcher setzt voraus, dass es eine bestehende Unsicherheit über den Urlaubsanspruch gibt, die durch den Vergleich ausgeräumt werden soll. Dies lag nicht vor, da der Arbeitnehmer durchgehend erkrankt war.
- Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht somit automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Urlaub krankheitsbedingt nicht mehr genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
- Ein „Verzicht“ des Arbeitnehmers ist nur hinsichtlich übergesetzlicher Urlaubsansprüche (vertraglich oder tariflich) möglich, nicht aber beim gesetzlichen Mindesturlaub.
Die Arbeitgeberin konnte sich auch nicht darauf berufen, dass der Arbeitnehmer der Klausel zugestimmt hatte. Nach Auffassung des Gerichts durfte sie nicht auf die Wirksamkeit einer offenkundig rechtswidrigen Regelung vertrauen.
Unverzichtbar: der gesetzliche Mindesturlaub
Der gesetzliche Mindesturlaub ist unabdingbar. Er kann nur durch tatsächliche Freistellung oder – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – durch Auszahlung abgegolten werden. Ein Verzicht, auch im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs, ist im bestehenden Arbeitsverhältnis unwirksam.
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