Die Welt der Influencer boomt. Mit Millionen von Followern und lukrativen Werbedeals haben sich Influencer zu einer bedeutenden wirtschaftlichen Kraft entwickelt. Doch mit wachsendem Erfolg rücken auch steuerliche Pflichten und mögliche Verfehlungen in den Fokus der Behörden. Aktuell sorgt die Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen (NRW) für Schlagzeilen, da erste Ermittlungen gegen Influencer wegen Steuerhinterziehung eingeleitet wurden. Doch was steckt dahinter und welche steuerlichen Fallstricke sollten Influencer kennen?
Warum geraten Influencer ins Visier der Steuerfahndung?
Die Tätigkeit von Influencern ist steuerlich komplex. Häufig fehlt es an steuerlichem Bewusstsein, und aus Unkenntnis oder mangelnder Beratung werden Einnahmen nicht vollständig oder gar nicht erklärt. Dabei gilt: Auch geldwerte Vorteile – etwa kostenlose Produkte, Reisen oder Hotelaufenthalte – sind steuerpflichtig. Die digitale Natur der Geschäftsmodelle, gepaart mit internationalem Bezug und fehlender buchhalterischer Struktur, macht es für die Finanzverwaltung schwierig – aber nicht unmöglich –, steuerlich relevante Vorgänge aufzudecken.
Seit dem 1. 1. 2023 müssen digitale Plattformen wie Instagram, YouTube oder Etsy einmal jährlich die Gesamtumsätze ihrer Nutzerinnen und Nutzer, deren Adresse sowie Steuer‑ID an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) melden. Die ersten Daten sind im Februar 2025 bei den Behörden eingegangen. Diese Meldepflicht nach der EU-Richtlinie DAC7 erhöht die Transparenz und erleichtert die Überprüfung. Künftig wird auch DAC8 in Kraft treten und unter anderem Krypto‑Börsen in die Pflicht nehmen.
Die laufenden Ermittlungen der Steuerfahndung NRW zeigen, dass die Tätigkeit von Influencern kein rechtsfreier Raum ist. Die Behörden nutzen inzwischen auch öffentlich zugängliche Informationen aus sozialen Netzwerken und arbeiten digital und vernetzt. Zudem gilt: Steuerhinterziehung verjährt in der Regel erst nach zehn Jahren – in besonders schweren Fällen teils noch später. Das gibt den Finanzbehörden ausreichend Zeit, auch rückwirkend aktiv zu werden. Gleichzeitig entwickeln sie stetig neue digitale Werkzeuge, um heute gemachte, fehlerhafte oder unterlassene Angaben in Zukunft effektiver aufzudecken.
Typische steuerliche Fallstricke für Influencer
1. Nicht deklarierte Einnahmen
Influencer erzielen Einkünfte auf vielfältige Weise – von klassischen Werbepostings bis hin zu Beteiligungen an Produktverkäufen. Häufig besteht Unsicherheit darüber, was genau zu versteuern ist – doch steuerlich gilt ein klarer Grundsatz: Alle Einnahmen – gleich in welcher Form – müssen in der Steuererklärung vollständig erfasst werden.
Typische Einnahmequellen sind u. a.:
- Monetarisierte Kooperationen mit Unternehmen, z. B. gegen Entgelt für Storys, Beiträge oder Videos
- Affiliate-Einnahmen, also Provisionen bei Verkäufen über individualisierte Links
- Produkttestkits und Sachzuwendungen, z. B. Kleidung, Technik, Hotelaufenthalte, Flüge oder Events
- Eigene Produktlinien, etwa Merch, E-Books oder Apps
- Plattformvergütungen, etwa durch YouTube- oder TikTok-Partnerprogramme
- Spenden oder Supportzahlungen, z. B. über Patreon, Twitch oder andere Plattformen
- Verkauf von Werbung im eigenen Podcast, Newsletter oder Blog
Wichtig: Auch „kostenlos“ erhaltene Produkte, Dienstleistungen oder Einladungen sind steuerlich als Einnahmen zu behandeln, sofern sie im Zusammenhang mit der Influencer-Tätigkeit stehen. Entscheidend ist dabei der Marktwert (gemeiner Wert) der erhaltenen Sachleistung – nicht der Einkaufswert des Unternehmens oder ein symbolischer Betrag.
Selbst dann, wenn kein Geld fließt, ist eine Versteuerung nötig, sobald die Leistung im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit steht – das gilt unabhängig davon, ob das Produkt behalten oder zurückgegeben wird.
Wer glaubt, dass Gratis-Produkte vom Finanzamt schwerer zu erkennen sind als Geld, liegt falsch: Unternehmen setzen solche Produktgaben als Betriebsausgabe ab. Erkennt das Finanzamt diese, prüft es gezielt, ob Influencer die passende Einnahme dazu angegeben haben.
2. Fehlende oder unvollständige Buchführung
Auch Influencer müssen – wie alle Unternehmer – ihre Einnahmen und Ausgaben festhalten. Eine Buchführung ist zwar nicht immer Pflicht (Faustregel: Umsatz unter 800 000 Euro und der Gewinn unter 80 000 Euro). Aber: Wer schlecht dokumentiert, macht es dem Finanzamt schwer und riskiert bei einer Prüfung Probleme.
Tipps für die Praxis:
- Jede Einnahme – ob Geld oder Sachleistung – muss zeitnah erfasst und dokumentiert werden (z. B. durch Rechnungen, Kooperationsverträge, Screenshots, E-Mails).
- Bei Sachleistungen sollte der gemeine Wert recherchiert und dokumentiert werden (z. B. durch UVP, Vergleichspreise im Netz).
- Auch Rabatte und Gutscheine, die anstelle von Geld gezahlt werden, sind zu bewerten und ggf. zu versteuern.
3. Umsatzsteuerliche Besonderheiten
Wer als Influencer grenzüberschreitend arbeitet oder mit ausländischen Unternehmen kooperiert, sollte die umsatzsteuerlichen Spielregeln genau kennen.
a) Leistungsort bei sonstigen Leistungen (§ 3a UStG)
Kundentyp | Sitz des Kunden | Leistungsort | USt in Deutschland? | Reverse-Charge? |
Unternehmen (B2B) | Deutschland | Deutschland | Ja | Nein |
Unternehmen (B2B) | EU-Ausland | Ausland | Nein | Ja (Empfänger schuldet USt) |
Unternehmen (B2B) | Drittland | Ausland | Nein | Nein (ggf. lokale Vorschrift) |
Privatperson (B2C) | Deutschland | Deutschland | Ja | Nein |
Privatperson (B2C) | EU-Ausland | Deutschland (bis 10.000 €) | Ja | Nein |
Privatperson (B2C) | EU-Ausland | Kundenland (>10.000 €) | Nein | Nein – über OSS melden |
Reverse-Charge bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Falls anwendbar müssen Sie einen entsprechenden Vermerk auf Ihren Rechnungen aufnehmen.
Grundregel:
- B2B → Leistungsort = Sitz des Kunden
- B2C → Leistungsort = Sitz des Influencers (Ausnahme: OSS-Regel)
Achtung B2C: Hältst du dich längere Zeit im Ausland auf oder hast dort einen festen Standort (z. B. Büro, Studio, Wohnsitz), kann sich der Leistungsort ins Ausland verlagern.
b) Sonderfall: OSS-Verfahren & 10.000 €-Grenze (§ 18j UStG)
Für digitale Leistungen an Privatpersonen in der EU (z. B. Coachings, Downloads, E-Learning):
EU-weiter Jahresumsatz < 10.000 € netto:
→ Leistungsort bleibt Deutschland
→ Deutsche USt wird berechnet
EU-weiter Jahresumsatz > 10.000 € netto:
→ Leistungsort verlagert sich ins Land des Kunden
→ Anmeldung der ausländischen USt über das OSS-Portal in Deutschland
c) Barter Deals (tauschähnliche Umsätze)
Influencer erhalten häufig Sachwerte (z. B. Produkte, Hotelnächte) für Werbeleistungen. Auch ohne Geldfluss liegt ein steuerpflichtiger Umsatz vor.
Wichtig:
- Leistung „Werbung“ gegen „Ware“ = tauschähnlicher Umsatz
- Beide Seiten müssen Umsatzsteuer abführen
- Bemessungsgrundlage = Marktwert der erhaltenen Leistung (§ 10 Abs. 2 UStG)
- Leistungsort richtet sich wie bei jeder sonstigen Leistung nach B2B-/B2C-Grundsätzen
- Rechnung mit USt ist auch bei Sachleistungen erforderlich
Beispiel:
Als Gegenleistung für einen Post erhalten Sie ein iPhone im Wert von 1.000 €.
→ Umsatzsteuerpflichtig: 190 € (19 %), auch wenn kein Geld fließt
→ Einkommensteuerlich: 1.000 € Betriebseinnahme
Drei Fragen, die du immer klären musst
- Wer ist mein Kunde? (Unternehmen oder Privatperson?)
- Wo sitzt der Kunde? (Inland, EU, Drittland?)
- Wie wird die Leistung erbracht? (Digital, physisch, über Plattform?)
Fehler in diesem Bereich können schnell zu empfindlichen Nachzahlungen und Steuerstrafverfahren führen.
4. Liebhaberei vs. Gewinnerzielungsabsicht
Bei kleineren Accounts stellt sich oft die Frage, ob die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Liegt Liebhaberei vor, dürfen Verluste steuerlich nicht geltend gemacht werden – was jedoch nicht automatisch von einer Steuerpflicht befreit.
Beweisproblematik: Stories, gelöschte Posts und vergängliche Inhalte
Ein besonders sensibler Aspekt in der steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Praxis ist die Beweisbarkeit von Leistungen, insbesondere bei sogenannten vergänglichen Inhalten:
- Instagram-Stories, die nach 24 Stunden automatisch verschwinden
- Beiträge, die nach Ablauf einer Werbekooperation aktiv gelöscht werden
- Verlinkungen und Rabattcodes, deren Wirkung zeitlich beschränkt ist
In steuerlicher Hinsicht ist entscheidend, dass die Influencer die Leistung auch nachweisbar dokumentieren. Denn:
- Die Finanzbehörden können im Nachhinein nicht mehr auf diese Inhalte zugreifen, wenn sie nicht archiviert wurden.
- Die Beweislast für den tatsächlichen Umfang der erbrachten oder vereinbarten Leistungen liegt beim Steuerpflichtigen – nicht beim Finanzamt.
- Gelöschte Beiträge können unter Umständen den Verdacht der Verschleierung steuerpflichtiger Vorgänge begründen, insbesondere wenn Zahlungen oder geldwerte Vorteile im Raum stehen.
Daher ist es dringend zu empfehlen, Story-Archivierungen, Screenshots, Vertragsunterlagen, Rechnungen und Kommunikationsverläufe mit Kooperationspartnern vollständig und nachvollziehbar aufzubewahren. Nur so lässt sich im Fall einer Prüfung oder eines Ermittlungsverfahrens belegen, welche Leistungen erbracht wurden – und ob diesen steuerlich relevante Vergütungen gegenüberstanden.
„Wohnsitzverlagerung“ ins Ausland – legal oder Steuerumgehung?
Aus steuerlicher Sicht reicht es nicht aus, eine Adresse im Ausland zu melden oder dort eine Wohnung zu unterhalten. Entscheidend ist, wo sich der tatsächliche Lebensmittelpunkt befindet – also der Ort, an dem jemand lebt, arbeitet und seine sozialen und wirtschaftlichen Interessen konzentriert. Wer weiterhin:
- Aufträge von deutschen Unternehmen erhält,
- seinen Content auf den deutschsprachigen Markt ausrichtet,
- private oder familiäre Bindungen in Deutschland hat, oder
- regelmäßig in Deutschland ist,
läuft Gefahr, trotz Auslandsmeldung weiterhin in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.
Die Folge: Steuerliche Rückabwicklung der „vermeintlichen Auswanderung“ – und im schlimmsten Fall ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung.
Steuerfalle 1: Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG)
Ein oft unterschätztes Thema ist die sogenannte Wegzugsbesteuerung – besonders relevant für Influencer, die Anteile an Kapitalgesellschaften (z. B. GmbHs oder UGs) halten oder gegründet haben, etwa für Produktvermarktung, Werbung oder Beteiligungen.
Was bedeutet Wegzugsbesteuerung?
Wer als natürliche Person mit mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist und seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, wird so behandelt, als hätte er seine Anteile verkauft – selbst wenn tatsächlich kein Verkauf stattfindet.
Die Folge: Es wird ein fiktiver Veräußerungsgewinn versteuert – und zwar zum Zeitpunkt des Wegzugs. Die Steuerlast kann dabei erheblich sein, insbesondere bei gestiegenem Unternehmenswert.
Kann man die Steuer vermeiden oder stunden lassen?
Eine Stundung ist in der Regel nur gegen Sicherheitsleistungen möglich, in diesen Fällen kann die Steuer in sieben gleichen Jahresraten entrichtet werden (§ 6 Abs. 4 AStG).
Gerade für junge Unternehmer oder Influencer, die über ihre GmbH etwa Merch, Apps oder Markenprodukte vermarkten, kann die Wegzugsbesteuerung zu einer unerwarteten und existenzgefährdenden Steuerlast führen.
Steuerfalle 2: Entstrickung – Besteuerung betrieblicher Wirtschaftsgüter bei Wegzug
Ein weiterer steuerlich brisanter Aspekt bei der Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland betrifft die sogenannte Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG. Diese Vorschrift greift unabhängig von der Beteiligung an Kapitalgesellschaften und betrifft alle betrieblichen Wirtschaftsgüter, wenn diese aus dem deutschen Besteuerungszugriff entlassen werden – typischerweise durch eine Wohnsitzverlagerung ins Ausland.
Was bedeutet Entstrickung?
Verlegt ein Influencer seinen Wohnsitz ins Ausland und betreibt z. B. ein Einzelunternehmen, eine gewerbliche Tätigkeit oder ist Inhaber immaterieller Rechte (wie Marken oder Reichweitenrechte), dann kann dies dazu führen, dass diese Wirtschaftsgüter nicht mehr der deutschen Besteuerung unterliegen.
Der Gesetzgeber unterstellt in diesem Fall eine fiktive Entnahme dieser Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen (§ 4 Abs. 1 Satz 3 EStG), und löst daraufhin eine sofortige Besteuerung der stillen Reserven aus – unabhängig davon, ob ein Verkauf erfolgt.
Was kann entstrickt werden?
- Digitale Marken- oder Namensrechte
- Domains und Social-Media-Accounts (wenn betrieblich genutzt)
- Kooperationsverträge
- Content-Datenbanken
- Influencer-spezifische immaterielle Werte (z. B. Reichweite mit Monetarisierung)
Was droht bei Steuerhinterziehung?
Wer steuerlich relevante Einnahmen verschweigt, riskiert neben Steuernachzahlungen auch ein strafrechtliches Verfahren. Steuerhinterziehung (§ 370 AO) kann mit Geldstrafen oder in schweren Fällen mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren geahndet werden.
Eine Besonderheit dabei ist die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO): Wer rechtzeitig und vollständig reinen Tisch macht, kann unter bestimmten Voraussetzungen einer strafrechtlichen Verurteilung entgehen.
Fazit: Steuerrechtliche Sorgfalt ist Pflicht – auch im Influencer-Business
Die Zeiten, in denen digitale Geschäftsmodelle wie das Influencer-Dasein steuerlich unbeachtet blieben, sind endgültig vorbei. Die aktuellen Ermittlungen in NRW zeigen deutlich: Auch scheinbar vergängliche Inhalte wie Instagram-Stories oder gesponserte Postings geraten ins Visier der Steuerfahndung – und können bei fehlender Dokumentation oder mangelhafter Deklaration empfindliche Folgen nach sich ziehen.
Ob es um nicht erklärte Einnahmen, grenzüberschreitende Werbeleistungen, die Wegzugsbesteuerung bei Wohnsitzverlagerung oder die oft übersehene Entstrickung betrieblicher Werte geht – das Steuerrecht stellt hohe Anforderungen an Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
Wer international agiert, muss sich darüber im Klaren sein: Eine rein formale Verlagerung des Wohnsitzes reicht nicht aus, um sich der deutschen Steuerpflicht zu entziehen. Und auch die Löschung von Beiträgen schützt nicht vor der Nachweispflicht gegenüber dem Finanzamt.
Sie sind Influencer und unsicher, ob Ihre steuerlichen Pflichten erfüllt sind?
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