Grundsätzlich schließen sich die Begriffe Geschäftsführer und Arbeitnehmer aus – Geschäftsführer gelten arbeitsrechtlich per se nicht als Arbeitnehmer. Dennoch hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein Fremdgeschäftsführer in bestimmten Konstellationen, etwa im Rahmen des Urlaubsrechts, als Arbeitnehmer anzusehen ist.
Der aktuelle Fall
In dem Urteil des BAG vom 25. Juli 2023 stritten die Parteien über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus den Jahren 2019 und 2020. Die Klägerin war seit dem 1. Juli 1993 bei der Beklagten beschäftigt, zunächst als Arbeitnehmerin, und ab dem 19. April 2012 als (Fremd-) Geschäftsführerin.
Nach den Vorgaben der Geschäftsleitung hatte die Klägerin eine Arbeitszeit von 7.00 bis 18:00 Uhr einzuhalten, musste vormittags Kaltakquise durchführen und wurde am Nachmittag im Außendienst zu Kundenbesuchen und mit Kontroll- und Überwachungsaufgaben eingesetzt. Dabei musste sie wöchentlich 40 Telefonate und 20 Besuche nachweisen. Ihre Aufgaben umfassten auch Vorstellungsgespräche und Einstellungsverhandlungen. Neben der monatlichen Vergütung erhielt sie eine vom Geschäftsergebnis abhängige Tantieme.
Am 5. September 2019 legte die Klägerin ihr Amt als Geschäftsführerin nieder. Am 17. September 2019 wurde sie aus dem Handelsregister ausgetragen. Das Vertragsverhältnis der Parteien endete durch die Kündigung der Klägerin zum 30. Juni 2020. Die Klägerin war vom 30. August 2019 bis zur Beendigung vom 30. Juni 2020 arbeitsunfähig erkrankt.
Im anschließenden Rechtsstreit der Parteien machte die Klägerin einen Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe von rund 11.000 € zuzüglich Zinsen geltend, da sie den ihr zustehenden Urlaub bis zum Ausscheiden nicht mehr nehmen konnte. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) und letztlich das BAG sprachen ihr diesen Anspruch zu.
Entscheidung des BAG
Das BAG entschied, dass der Anspruch der Klägerin direkt aus § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) resultiert. Dabei stützte sich das Gericht auf den Arbeitnehmerbegriff des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie auf Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG:
Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.
Diesem Begriff entsprach die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Fremdgeschäftsführerin.
Fazit
Das Urteil des BAG verdeutlicht, dass Fremdgeschäftsführer unter bestimmten Bedingungen als Arbeitnehmer eingestuft werden können. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf ihre Urlaubsansprüche und insbesondere auf eine potenzielle Urlaubsabgeltung.
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