Heimlicher Mitschnitt Gespräch am Arbeitsplatz: Kann man Mitarbeitende (fristlos) kündigen?

Gespräche zwischen Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten und Mitarbeitenden sind nicht selten heikel. Denn wenn Konflikte im Arbeitsverhältnis schwelen oder schon ausgebrochen sind, geht es in solchen Gesprächen auch gerne einmal verbal hoch her.

Nicht selten greifen Mitarbeitende dann zum Smartphone und zeichnen an sich vertraulich geführte Gespräche mit dem Arbeitgeber oder mit Vorgesetzten heimlich auf. Warum? Um beispielsweise für Verfahren vor dem Arbeitsgericht „Beweise“ für Fehlverhalten des Arbeitgebers zu sammeln.  

Ein Grund Mitarbeitende fristlos zu kündigen – oder nicht? Es kommt darauf an, wie ein aktuelles Urteil zu diesem Thema zeigt.

Heimliche Gesprächsaufzeichnung: Unzulässig? Strafbar?

Grundsätzlich sind (Personal-)Gespräche zwischen Mitarbeitenden und Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten eine vertrauliche Sache. Eben diese Vertraulichkeit führt dazu, dass solche Gespräche auch nicht aufgezeichnet werden dürfen – unabhängig davon, ob die Gespräche persönlich stattfinden oder am Telefon geführt werden.

Zeichnet ein(e) Mitarbeiter(in) trotzdem heimlich ein vertrauliches Gespräch auf – z.B. mit dem Smartphone –, ist das eine schwerwiegende Verletzung des Arbeitsvertrages bzw. arbeitsvertraglicher Rücksichtnahmepflichten. Das kann unter Umständen sogar nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar sein. Der Grund dafür: Das heimliche Mitschneiden des vertraulich gesprochenen Wortes verletzt das Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Außerdem kann das Anfertigen heimlicher Aufnahmen eines vertraulichen Gespräches am Arbeitsplatz und auch das Nutzen dieser heimlichen Mitschnitte (z.B. in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht) wegen erheblicher Nebenpflichtverletzung des Arbeitsvertrages Grundlage für arbeitsrechtliche Maßnahmen sein, z.B. für eine Kündigung.   

Wichtig außerdem zu wissen: Die Verwendung von heimlichen Telefonmitschnitten in einem Zivilprozess ist grundsätzlich nicht erlaubt, das entschied das OLG Stuttgart. Das kann in arbeitsrechtlichen Verfahren durchaus streitentscheidend sein, auch und gerade für Arbeitgeber!

Bundesarbeitsgericht (BAG) zu heimlichen Tonaufnahmen im Arbeitsrecht

Vor allem seit es mit dem Smartphone in der Tasche sehr einfach ist, heimlich Tonaufnahmen anzufertigen, beschäftigen sich natürlich auch Arbeitsgerichte mit diesem Thema. So hat sich das BAG in einem sehr grundlegenden Urteil mit dem Thema befasst (BAG, Urteil v. 19.07.2012, Az.: 2 AZR 989/11). Die Richter kommen zu dem Ergebnis, dass der heimliche Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs im Arbeitsverhältnis grundsätzlich geeignet ist, sowohl eine ordentliche verhaltensbedingte, als auch eine außerordentliche / fristlose Kündigung „an sich“ zu rechtfertigen.

Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die heimliche Aufzeichnung auch strafbar war. Entscheidend ist, ob die Pflichtverletzung durch den Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin im konkreten Fall so schwerwiegend ist, dass das eine ordentliche Kündigung oder eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Es kommt bei der Kündigungsmöglichkeit wegen eines heimlichen Gesprächsmitschnitts also maßgeblich auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an.

Beispielhafte Urteile LAG Rheinland-Pfalz & LAG Hessen

Unter anderem die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz und des LAG Hessen zeigt, wie die Rechtsprechung des BAG im Einzelfall umgesetzt wird.

  • In einem Fall aus dem Jahr 2015 bestätigt das LAG Rheinland-Pfalz die Wirksamkeit der Kündigung eines Mitarbeiters, der ein Personalgespräch heimlich aufgezeichnet hatte. Eine Abmahnung war hier aus Sicht des Gerichts nicht notwendig (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 03.02.2016, Az.: 7 Sa 220/15).
  • Auch das LAG Hessen urteilte so in einem Fall aus dem Jahr 2017. Hier bestätigte das Gericht die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Einwand des Arbeitnehmers, dass er glaubte ein Mitschnitt des Gesprächs sei nicht verboten, änderte am Ergebnis nichts. Auch der Umstand, dass sein Smartphone während des Gesprächs offen auf dem Tisch lag, änderte daran nichts: Der Mann hätte vor Beginn des Gesprächs über das Mitschneiden des Gesprächs informieren müssen. (LAG Hessen, Urteil v. 23. 08. 2017, Az.: 6 Sa 137/17)

Aktuelles Urteil zum heimlichen Mitschnitt: Kündigungen unwirksam!

Anders nun ein Urteil des LAG Rheinland-Pfalz Ende 2021 (Urteil v. 19.11.2021; Az.: 2 Sa 40/21): Hier hielt das Gericht weder die fristlose noch die hilfsweise ordentliche Kündigung wegen der heimlichen Aufzeichnung eines vertraulichen Gesprächs am Arbeitsplatz für wirksam.  

Das sei der besonderen Situation des Einzelfalles geschuldet: Der Vorgesetzte des Mitarbeiters hatte den Mann schon im Vorfeld des aufgezeichneten Gesprächs beleidigt und diskriminiert. Dieses erneut zu erwartende Verhalten des Vorgesetzten wollte der Mann dokumentieren. Dass er sich damit ggf. strafbar macht, war ihm nicht bewusst.

Und die Gründe für diese Entscheidung? Mit seinem Fehlverhalten habe der Vorgesetzte die Gesprächsaufzeichnung mehr oder minder selbst veranlasst. Der Arbeitnehmer habe sich schlichtweg nicht anders zu wehren gewusst. Dass der Arbeitnehmer außerdem nicht wusste, dass dieses Verhalten strafbar sein kann, würde seine Pflichtverletzung deutlich abmildern.

Was tun als Arbeitgeber?

Das aktuelle Urteil des LAG Rheinland-Pfalz zeigt: Nicht jeder heimliche Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs im Arbeitsverhältnis ist zwingend ein ausreichender Grund für eine fristlose oder eine ordentliche Kündigung!  

Insofern sollten Arbeitgeber sehr genau auf die Umstände des Einzelfalls achten, wenn ein heimlicher Gesprächsmitschnitt „auffliegt“ oder ein heimlicher Mitschnitt z.B. in einem Kündigungsschutzverfahren als Beweis verwendet wird.

Denn Kündigungen können in solchen Fällen wirksam sein, sind es aber nicht zwangsweise in jedem Fall.

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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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