Arbeitsrecht: Aktuelle Fallbeispiele und Urteile

Lesen Sie die Hintergründe und Urteile zu spannenden Fragestellungen, die Arbeitgeber und Mitarbeitende gleichermaßen beschäftigen:

  • Was passiert mit bereits gewährtem Urlaub während einer Quarantäneanordnung?
  • Fristlose Kündigung auch bei Unterschlagung geringwertiger Beträge?
  • Fristlose Kündigung wegen Lesens und Weitergabe einer fremden E-Mail?
  • Können auch Praktikanten Anspruch auf Mindestlohn haben?
  • Heimliche Aufzeichnung Gespräch am Arbeitsplatz: Kann man Mitarbeitende deshalb (fristlos) kündigen?

Arbeitsrecht – Konkrete Fallbeispiele

Was passiert mit bereits gewährtem Urlaub während einer Quarantäneanordnung?

Mehrere Gerichte haben entschieden, dass der Arbeitgeber einen bereits bewilligten Urlaub während einer behördlichen Quarantäneanordnung nicht „nachgewähren“ muss.

Im zugrundeliegenden Fall befand sich die Klägerin im vom Arbeitgeber gewährten Erholungsurlaub. Wegen einer Corona–Erkrankung ihrer Tochter musste sie in Quarantäne. Kurz darauf war die Klägerin ebenfalls positiv getestet und musste auf Anordnung des Gesundheitsamtes selbst in häusliche Quarantäne.

Die Klägerin ließ sich nicht durch einen Arzt untersuchen, so dass keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wurde. Mit ihrer Klage wollte die Klägerin die zehn Urlaubstage „nachgewährt“ bekommen. Diese Klage wurde jedoch abgewiesen.

Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen, denn in einem vergleichbaren Fall wurde einem Arbeitnehmer von einem anderen Gericht die Nachgewährung des Urlaubs zugesprochen. Gegen beide Auffassungen sind Revisionen beim Bundesarbeitsgericht anhängig.

Fristlose Kündigung auch bei Unterschlagung geringwertiger Beträge?

Die Unterschlagung geringwertiger Beträge kann eine außerordentliche Kündigung bedingen, wenn der/die Arbeitnehmer/in zuvor einschlägig abgemahnt worden ist, so das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hessen.

Eigentums- und Vermögensdelikte des Arbeitnehmers zulasten des Arbeitgebers stellen regelmäßig einen wichtigen Grund an sich für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Darin liegt ein erheblicher Verstoß gegen die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers.

Ein Arbeitgeber darf grundsätzlich mittels sogenannter „Ehrlichkeitskontrollen“ das normale Arbeits-verhalten der Mitarbeiter kontrollieren. An ein Beweisverwertungsverbot gestützt auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers könnte man allenfalls dann denken, wenn zusätzliche Umstände vorliegen, beispielsweise indem der Arbeitgeber eine besondere „Verführungssituation“ geschaffen hat.

Fristlose Kündigung wegen Lesens und Weitergabe einer fremden E-Mail?

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat entschieden, dass das Lesen einer offensichtlich an einen anderen Adressaten gerichtete E-Mail sowie das Kopieren und die Weitergabe des E-Mail-Anhangs (privater Chatverlauf) an Dritte im Einzelfall eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen kann, auch wenn eine Zugriffsberechtigung auf das E-Mail-Konto für dienstliche Tätigkeiten vorliegt.

Die rechtswidrige Datenverarbeitung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis, die mit Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts etwa von Arbeitskollegen einhergeht, kann bei entsprechender Schwere des Verstoßes einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer Kündigung ausmachen.

Bereits das Öffnen und Lesen der E-Mails begründet den Pflichtenverstoß, völlig unabhängig davon, ob diese gezielt gesucht oder zufällig entdeckt wurden. Ausdrucken, Kopieren und die Weitergabe  sind weitere Pflichtverstöße. Wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig verletzt ist, ist auch keine vorherige Abmahnung notwendig.

Können auch Praktikanten Anspruch auf Mindestlohn haben?

Grundsätzlich ja. Auch Praktikanten haben nach dem Mindestlohngesetz einen Anspruch auf den Mindestlohn – es sei denn es liegt eine der im Gesetz nominierten Ausnahme vor.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) haben Praktikanten u.a. keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn,

  • wenn sie ein Pflichtpraktikum absolvieren,
  • das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist.

Heimliche Aufzeichnung Gespräch am Arbeitsplatz: Kann man Mitarbeitende deshalb (fristlos) kündigen?

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Christian Seidel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Prokurist der Acconsis GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft


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