War das Homeoffice während der Corona-Pandemie zunächst eine Notlösung, hat es sich inzwischen in vielen Unternehmen etabliert – statt oder neben der Arbeit im Büro. Doch immer mehr Arbeitgeber wollen ihre Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurück ins Büro holen („Return to Office“).
Aber was sagt das Arbeitsrecht dazu?
Wo und wie kann das Homeoffice geregelt sein?
Die Möglichkeiten, wie Arbeitgeber die Arbeit im Homeoffice erlauben oder mit ihren Mitarbeitern vereinbaren können, sind vielfältig.
Geregelt wird dann – unabhängig von der Art der Regelung –, dass Arbeitnehmer nicht am eigentlichen Arbeitsort (z. B. Büro) arbeiten müssen, sondern ihre Arbeitspflicht auch von zu Hause aus erfüllen können.
Aber welche Regelungsmöglichkeiten gibt es konkret?
Regelungsmöglichkeit Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht
Im Rahmen des Weisungsrechts bzw. Direktionsrechts können Arbeitgeber die Arbeit im Homeoffice nicht einseitig anordnen, jedenfalls nicht dauerhaft (LAG Berlin-Brandenburg, 14.11.2018, 17 Sa 562/18).
Insofern muss man also davon ausgehen, dass eine einseitige Anordnung, im Homeoffice zu arbeiten, nicht möglich ist. Denn auch wenn es nach einseitiger Anordnung aussieht, liegt einer Homeoffice-Regelung streng genommen immer eine Einigung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zugrunde, die entweder mündlich, schriftlich oder stillschweigend zustande gekommen ist.
Problematisch ist dabei allerdings, dass Arbeitsverträge häufig ein Schriftformerfordernis für Änderungen des Arbeitsvertrages enthalten: Eine Änderung des Arbeitsortes müsste dann also grundsätzlich schriftlich mit Unterschrift vereinbart werden. Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn die Änderung individuell zwischen den Parteien ausgehandelt worden ist – sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer also beispielsweise individuell über eine bestimmte Homeoffice-Regelung im Einzelfall einigen.
Tipp: Genauso wenig gibt es einen Anspruch von Arbeitnehmern darauf, ihre Arbeit im Homeoffice erledigen zu dürfen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber diese Möglichkeit ursprünglich im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer eingeräumt hatte.
Regelungsmöglichkeit Arbeitsvertrag
Deutlich klarer und rechtssicherer für alle Beteiligten sind Regelungen zur Arbeit im Homeoffice im Arbeitsvertrag.
Diese Regelungen haben in den letzten Jahren vermehrt Einzug in Arbeitsverträge gehalten: Denn Homeoffice-Möglichkeiten sind inzwischen für viele Arbeitnehmer ein entscheidendes Kriterium geworden, eine Stelle überhaupt anzutreten. Entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag zu treffen, ist dann nur folgerichtig. In neuen Arbeitsverträgen sollten entsprechende Klauseln von Beginn an aufgenommen werden, bestehende Verträge kann man mit entsprechenden Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag ergänzen.
Regelungsmöglichkeit Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag
Nicht zuletzt können sich Homeoffice-Regelungen auch in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen finden, in der Regel dann aber beschränkt auf Berufsgruppen, für die Arbeit im Homeoffice überhaupt möglich ist.
Return to Office: Wie können Arbeitgeber Arbeitnehmer zurück ins Büro holen?
Ob und wie Arbeitgeber Mitarbeiter aus dem Homeoffice wieder zurück ins Büro bzw. Unternehmen holen können („Return to Office“), hängt vor allem davon ab, in welcher Form die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice ursprünglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart war und was exakt geregelt wurde.
Return to Office per Direktionsrecht
War die Grundlage für die Arbeit im Homeoffice eine Einigung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (s. o. Problem der Wirksamkeit wegen Schriftform), stellt sich die Frage: Kann ein Arbeitgeber Mitarbeiter unter Umständen, insbesondere mit einer entsprechenden Weisung im Rahmen des Direktionsrechts, aus dem Homeoffice zurückholen und ihm einen Arbeitsplatz „vor Ort“ zuweisen? Was wäre dabei zu beachten?
Ein Fall dazu:
Vor dem LAG Köln ging es um einen Mitarbeiter, der mit dem Einverständnis des AG zu 80 % im Homeoffice arbeitete. Die Erlaubnis widerrief der Arbeitgeber und wollte den Arbeitnehmer kurzfristig 500 km entfernt vor Ort einsetzen. Weder der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis noch die ausgesprochene Änderungskündigung seien wirksam, so das LAG: Bei der Ausübung des Widerrufs im Rahmen des Weisungsrechts habe der Arbeitgeber die Grenze billigen Ermessens missachtet (LAG Köln, Urteil v. 11.07.2024, Az.: 6 Sa 579/23). Die Änderungskündigung sei im Übrigen unwirksam, weil es an einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Arbeit „vor Ort“ fehle, so das Gericht.
Somit steht fest, dass der Wunsch des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer aus dem HO zurückzuholen, rechtlichen Hürden unterliegt und auch gerichtlich überprüft werden kann. Dabei kommt es jeweils sehr auf die Umstände des Einzelfalls an – auf die Grenzen des billigen Ermessens oder auf die Frage, ob eine Zurückversetzung an den Arbeitsplatz „vor Ort“ wirklich aus betrieblichen Gründen dringend notwendig ist.
Return to Office per Arbeitsvertrag oder Zusatzvereinbarung
Findet sich die Homeoffice-Regelung hingegen im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung, ist es schwieriger, Mitarbeiter ohne deren Zustimmung zurück ins Büro zu holen. Möglich ist das grundsätzlich nur, wenn die Mitarbeiter damit einverstanden sind oder sich dazu im Arbeitsvertrag oder der Zusatzvereinbarung eine Widerrufsregelung findet.
Ist das nicht der Fall, müssen Arbeitgeber im Zweifel eine Änderungskündigung aussprechen. Diese Änderungskündigung ist allerdings nur dann rechtswirksam möglich, wenn die Rückkehr ins Büro aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist.
Dazu ein Fall vor dem LAG Hamm:
Hier hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag zum Homeoffice getroffen. Darin war festgelegt, dass diese Zusatzvereinbarung mit Frist vom Arbeitgeber gekündigt werden kann. Auch wenn der Arbeitnehmer es nicht wahrhaben wollte: Ein solches Teilkündigungsrecht zu vereinbaren und auszuüben, ist arbeitsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn mit dieser Vereinbarung wird nur eine Erfüllungsmodalität ausgestaltet, nicht aber einseitig die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers (LAG Hamm, Urteil v. 16.03.2023, Az.: 18 Sa 832/22).
Return to Office per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung
Auch an Vorgaben aus dem Tarifvertrag oder aus Betriebsvereinbarungen sind Arbeitgeber grundsätzlich gebunden und können nicht einseitig „Return to Office“ anordnen.
Denn kollektivrechtliche Vereinbarungen können lediglich mit einer Einigung der Tarifparteien verändert werden. Nur wenn sich im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung explizit (einseitige) Regelungsspielräume finden, können Arbeitgeber – wiederum mit Betriebsvereinbarungen oder arbeitsvertraglichen Regelungen – „Return to Office“ regeln. Bestehen keine Spielräume und ist eine Einigung mit dem Betriebsrat über eine Anpassung der Homeoffice-Regelungen nicht möglich, kann ein Verfahren vor der Einigungsstelle Abhilfe schaffen. Als letzter Ausweg bleibt die Kündigung der Betriebsvereinbarung.
Fazit: Wie Arbeitgeber sich verhalten sollten
Wollen Arbeitgeber geltende Regeln zum Homeoffice anpassen und Arbeitnehmer zurück an den Arbeitsplatz holen, sollte das im Vorfeld gut durchdacht und geplant sein. Denn „Return to Office“ anzuordnen, ist in den meisten Fällen nicht einseitig möglich.
Es gilt deswegen, Regelungen zur Präsenzpflicht bzw. zum Homeoffice im Einzelfall oder generell zu prüfen, um die Handlungsmöglichkeiten und die Voraussetzungen für ein „Zurück ins Büro“ exakt zu klären.
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Ihr Christian Seidel
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Christian Seidel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Prokurist der Acconsis GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft
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