Gerechte Bezahlung für alle? Die Entgelttransparenzrichtlinie wird für Arbeitgeber einiges ändern

Die Idee der gleichen Entlohnung für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit – Equal Pay – ist nicht neu. Und doch hat diese Forderung erst in den letzten Jahren richtig Fahrt aufgenommen. Equal Pay setzt aber natürlich voraus, dass auch transparent ist, wer in welcher Funktion welches Entgelt bekommt. An beiden Punkten setzt nun die Entgelttransparenz-Richtlinie (EntgTranspRL) der EU an.

Die Richtlinie der EU – seit Juni 2023 in Kraft

Die Entgelttransparenzrichtlinie der EU ist seit Mitte des Jahres 2023 in Kraft, gilt allerdings aktuell für Deutschland nicht unmittelbar. Dafür muss die EntgTranspRL erst in Bundesrecht umgesetzt werden und dafür beispielsweise das bestehende Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) angepasst werden. Der deutsche Gesetzgeber hat dafür noch Zeit bis Juni 2026.

Da die Richtlinie allerdings bereits sehr konkret ausgearbeitet ist, ist jetzt schon relativ gut absehbar, welche Pflichten Arbeitgeber treffen und welche Rechte Arbeitnehmer haben werden. Insofern sind Arbeitgeber gut beraten, sich mit den Themen und Vorgaben der Richtlinie schon jetzt vertraut zu machen, auch wenn die Umsetzung in deutsches Recht noch aussteht.

Entgelttransparenzrichtlinie: Kriterien für gleiche/gleichwertige Arbeit 

In der Richtlinie geht es in erster Linie darum, gleiche Bezahlung für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit flächendeckend durchzusetzen, da vor allem zwischen Männern und Frauen die Unterschiede in der Entlohnung nach wie vor teils eklatant sind.  

Dafür legt die Entgelttransparenzrichtlinie nun europaweit Maßstäbe fest, die in den Staaten dann umzusetzen sind, definiert Begriffe und legt Kriterien fest, anhand derer Arbeitgeber u. a. bestimmen können, was gleiche bzw. gleichwertige Arbeit ist.

Die vier wichtigsten Kriterien nach Art. 4 EntgTranspRL hierfür sind:

  • Kompetenzen,
  • Belastungen,
  • Verantwortung und
  • Arbeitsbedingungen.

Unter anderem anhand dieser Kriterien werden Arbeitgeber also künftig prüfen können und müssen, welche Arbeiten im Unternehmen als gleich/gleichwertig gelten und deswegen – unabhängig von Geschlecht etc. – gleich entlohnt werden müssen.

Eine Mammutaufgabe für Arbeitgeber, die viel Zeit in Anspruch nehmen wird und gründlich erledigt werden muss, damit es nicht von vornherein zu rechtlichen Auseinandersetzungen darüber kommt. Denn Arbeitnehmern werden in der Richtlinie auch Mittel und Rechte an die Hand gegeben, um Ungleichheiten aufzudecken und beispielsweise Schadensersatz und Entschädigungen zu fordern.

Die wichtigsten Inhalte der Richtlinie

Art. 5 EntgTranspRL: Informationsanspruch in der Bewerbungsphase

Schon Bewerber werden in Zukunft z. B. Auskunft über das Einstiegsgehalt bzw. die Gehaltsspanne oder den anwendbaren Tarifvertrag verlangen können. Das EntgTranspG enthält dazu bisher keine Regelung – dieser Anspruch wird vollkommen neu entstehen.

Art 7: Auskunftsrecht

Arbeitnehmer werden im laufenden Arbeitsverhältnis detailliert schriftliche Auskunft über individuelle Entgelthöhen und durchschnittliche Entgelthöhen verlangen können, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für die Gruppe von Kollegen, die gleiche bzw. gleichwertige Arbeit verrichten. Zudem dürfen Arbeitgeber Arbeitnehmer nicht daran hindern, ihr Entgelt offenzulegen. Auf die Anzahl der Arbeitnehmer im Unternehmen wird es dann künftig – anders als in § 12 I EntgTranspG – nicht mehr ankommen. Außerdem bestehen erhebliche inhaltliche Unterschiede, vor allem in Hinblick auf die Berechnung der durchschnittlichen Entgelthöhen.

Art 9: Berichtspflicht

Nach Übergangsfristen für unterschiedliche Unternehmensgrößen werden Arbeitgeber schon ab einer Betriebsgröße von mindestens 100 Arbeitnehmern jährlich bzw. alle 3 Jahre zur Berichterstattung verpflichtet sein, z. B. über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle. Dieser Bericht ist öffentlich zugänglich zu machen. Bisher gilt die Berichtspflicht für Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern (§ 21 EntgTranspG). Außerdem werden Berichte künftig deutlich detaillierter ausfallen müssen.

Art 16: Schadensersatz und Entschädigung

Die Richtlinie ist kein zahnloser Tiger! Sie stattet Arbeitnehmer mit Rechten und Ansprüchen aus, z. B. mit Schadensersatzansprüchen als Nachzahlungen bei ungleicher Bezahlung für gleiche/gleichwertige Arbeit oder bei ungleichen Prämien oder wegen entgangener Karrierechancen. Art. 16 gleicht § 15 AGG, der über § 2 II 1 EntgTranspG auch im EntgTranspG Anwendung findet – er geht aber teilweise darüber hinaus.

Art. 18: Beweislastumkehr

Gleichzeitig stärkt eine Beweislastumkehr die Position der Arbeitnehmer: Wenn Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft machen, die für eine (un)mittelbare Entgeltdiskriminierung sprechen, muss künftig der Arbeitgeber nachweisen, dass keine derartige Diskriminierung besteht. Auch hier existiert im AGG eine vergleichbare Vorschrift, die über § 2 II 1 auch im EntgTranspG Anwendung findet. Diese Regelung wird wohl aber dann nach den Vorgaben der Richtlinie im EntgeltTranspG künftig direkt enthalten sein.

Art 23: Sanktionen

Der Gesetzgeber wird „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende“ Sanktionen bei Verstößen gegen Entgelttransparenz und Equal Pay vorsehen müssen, beispielsweise Geldbußen. Auch hier zeigt die Richtlinie also jetzt schon Zähne. Im EntgTranspG sind bisher keine Sanktionen vorgesehen.

Was sollten Arbeitgeber nun tun?

Eile ist nicht geboten. Die Umsetzungsfrist ist noch lang und so schnell wird die Umsetzung in deutsches Recht erfahrungsgemäß vermutlich nicht gehen. Aber die Umsetzung wird ein echtes Umdenken erfordern und dann eine solide Umsetzung im Unternehmen, um sich nicht plötzlich massiven Ansprüchen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Sanktionen anderer Art ausgesetzt zu sehen.  

Sie haben Fragen zur Entgelttransparenzrichtlinie und deren Umsetzung im Unternehmen?

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Ihr Christian Seidel

Unser Experte bei Fragen im Bereich Arbeitsrecht


Christian Seidel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Prokurist der Acconsis GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft


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