Steuerfahndung nimmt Online-Poker ins Visier: Wenn das Spiel ernst wird.

Zum Jahresende 2023 erhielten zahlreiche Online-Poker-Spieler, die ihre Aktivitäten auf diversen Plattformen ausgeübt hatten, Post von der Steuerfahndung. Ein Teil dieser Spieler wurde dazu aufgefordert, einen Fragebogen bezüglich ihrer Pokeraktivitäten auszufüllen. Andere sahen sich unmittelbar mit der Eröffnung von Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung konfrontiert. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Vorfällen? In diesem Artikel erhalten Sie umfassende Informationen.

Das Plattformen Steuertransparenzgesetz

Eine Schlüsselrolle in diesem Zusammenhang spielt das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG), das 2023 in Kraft trat. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Erfassung und Besteuerung von Einkünften, die über digitale Plattformen generiert werden, zu optimieren. Es stellt eine Antwort auf die Herausforderungen dar, mit denen die traditionellen Methoden der Steuererhebung in der digitalen Wirtschaft konfrontiert sind, und unterstreicht die Notwendigkeit, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen an die Gegebenheiten des digitalen Zeitalters anzupassen.

Das PStTG adressiert explizit Betreiber digitaler Plattformen, die als Vermittler zwischen Anbietern und Konsumenten von Dienstleistungen fungieren, die zu steuerpflichtigen Einkünften führen. Dies umfasst eine breite Palette von Plattformen, darunter solche für die Vermietung von Immobilien, Handelsplattformen, Plattformen für freiberufliche Dienstleistungen und nicht zuletzt Plattformen, die Glücksspielangebote wie Online-Poker bereitstellen. Von deren Betreibern wird erwartet, dass sie detaillierte Informationen über die Nutzer und deren über die Plattform erzielten Einkünfte systematisch an die zuständigen Finanzbehörden übermitteln.

Speziell für den Bereich des Online-Pokers impliziert das PStTG, dass Plattformen, die derartige Spiele anbieten, verpflichtet werden könnten, umfassende Daten über ihre Nutzer und die durch Poker erzielten Gewinne an die Steuerbehörden weiterzugeben. Diese Maßnahme gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn die Gewinne aus Online-Poker nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als gewerbliche Einkünfte eingestuft werden. Die durch das PStTG eingeführte Transparenz ermöglicht eine effizientere steuerliche Erfassung dieser Gewinne und stellt sicher, dass sie in den Steuererklärungen der Spieler korrekt ausgewiesen werden.

Zusätzlich zum Inkrafttreten des neuen Poker-Steuer-Transparenz-Gesetzes (PStG) veröffentlichte der Bundesfinanzhof am 22. Februar 2023 ein neues Urteil bezüglich der Besteuerung von Online-Pokerspielen.

Was besagt das neue Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. Februar 2023 zur Besteuerung von Online-Poker?

Definition der gewerblichen Tätigkeit im Steuerrecht:

Das deutsche Steuerrecht definiert gewerbliche Tätigkeit durch spezifische Kriterien, die sie von anderen Einkunftsarten wie Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit oder Kapitalvermögen abgrenzen. Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Februar 2023, Aktenzeichen X R 8/21, wendet diese Kriterien explizit auf Online-Poker an, um festzustellen, unter welchen Umständen Poker-Gewinne gewerblich und somit steuerpflichtig sind.

Wie unterscheidet sich das neue Urteil von früheren Entscheidungen?

Gewerblichkeit von Online-Poker:

Frühere Urteile legten den Fokus auf die allgemeinen Bedingungen der Gewerblichkeit bei Poker, einschließlich Turnier- und Casinopoker, mit Schwerpunkt auf Regelmäßigkeit und Professionalität.

Neues Urteil: Spezialisiert sich auf Online-Poker und präzisiert, wie die gewerblichen Kriterien in diesem digitalen Kontext angewandt werden, einschließlich der Nutzung beruflicher Erfahrungen und des planmäßigen Ausnutzens des Marktes.

Kriterien für die Gewerblichkeit:

Frühere Urteile betonten eine systematische, professionelle Herangehensweise und spezialisierte Kenntnisse.

Neues Urteil: Vertieft die Betrachtung spezifisch für die Online-Umgebung, hervorgehoben wird die Rolle von Analysesoftware und die Bedeutung des virtuellen Raums als Betriebsstätte.

Betriebsstätte:

Frühere Urteile behandelten die physische Präsenz in Casinos oder bei Turnieren als relevante Komponente.

Neues Urteil: Betont die Bedeutung des virtuellen Spielorts als Betriebsstätte, was eine Neuerung in der steuerrechtlichen Betrachtung von Online-Poker darstellt.

Abgrenzung zu privaten Tätigkeiten:

Frühere Urteile konzentrierten sich auf die Abgrenzung zwischen professionellem Spiel und Hobby.

Neues Urteil: Feinjustiert diese Abgrenzung durch Berücksichtigung der einzigartigen Aspekte des Online-Pokers, wie die Verwendung von Spielanalyse-Software, Spielart, Anzahl der Spiele, Anzahl der Spielernamen und eine intensive Beschäftigung mit dem Spiel.

Zusammenfassung:

Das Urteil vom 22. Februar 2023 markiert einen signifikanten Schritt in der steuerrechtlichen Bewertung von Online-Poker, indem es die Anforderungen an die Gewerblichkeit konkretisiert und an die digitalen Besonderheiten des Spiels anpasst. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Online-Poker-Spieler, ihre Aktivitäten im Hinblick auf die steuerrechtlichen Kriterien zu überprüfen und entsprechend zu deklarieren.

Welche Schritte sind notwendig, wenn man bereits ein Schreiben von der Steuerfandung wegen Online-Poker Einnahmen erhalten hat?

1. Individuelle rechtliche Bewertung des Falls

Jeder Fall zeigt individuelle Details und Umstände auf, auch im Vergleich zu dem Fall, der in einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs erörtert wurde. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, den spezifischen Sachverhalt rechtlich zu analysieren, um festzustellen, ob die Bedingungen für eine gewerbliche Tätigkeit erfüllt sind. Diese rechtliche Einschätzung bildet die Grundlage für die Reaktion auf das erhaltene Schreiben. Selbst wenn man zu dem Schluss kommt, dass die Einnahmen nicht als gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 EStG einzustufen sind, ist es erforderlich, auf Anfragen der Finanzbehörde vollumfänglich zu antworten. Besonders wichtig ist dies, wenn gewerbliche Einkünfte zur Diskussion stehen. Einerseits besteht dann die Pflicht zur Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Besteuerung, andererseits gilt der Grundsatz „Nemo tenetur se ipsum accusare“, der besagt, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst strafrechtlich zu belasten.

2. Überlegung zur Abgabe einer Selbstanzeige

Angesichts der Tatsache, dass durch das PStTG anzunehmen ist, dass umfangreiche Daten von Online-Poker-Plattformen an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, erscheint eine Kooperation mit den Finanzbehörden ratsam. Insbesondere bietet eine proaktive Offenlegung erhebliche Vorteile, solange die Möglichkeit einer Selbstanzeige besteht und diese zur Straffreiheit führen kann. Ein Ausschlussgrund für die Selbstanzeige könnte die Entdeckung der Tat oder die Einleitung eines Strafverfahrens sein.

Selbst im ungünstigsten Fall, wenn eine Selbstanzeige als gescheitert angesehen wird, kann diese im Rahmen der Strafzumessung als mildernder Umstand berücksichtigt werden. Wichtig ist, dass die Selbstanzeige alle nicht deklarierten Einkünfte der letzten zehn Jahre umfasst und dass die Nachzahlung der verkürzten Steuern sowie aller Nebenleistungen erfolgt, um die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige zu erfüllen.

Fazit

In seiner jüngsten Entscheidung hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Möglichkeit anerkannt, dass Einkünfte aus Online-Pokerspielen als gewerblich eingestuft werden können, und hat eine Vielzahl von Kriterien hierfür festgelegt. Unabhängig davon, ob tatsächlich gewerbliche Einkünfte aus dem Online-Pokerspiel vorliegen, ergibt sich in jedem Fall Handlungsbedarf im Hinblick auf die von der Finanzverwaltung gestellten Anfragen zu diesen Einkünften. Die Beantwortung dieser Anfragen erfordert sorgfältige und individuelle Überlegungen.

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Natalia Schütz
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