Besteuerung von ICOs

Als innovative Methode zur Kapitalbeschaffung im Blockchain-Bereich bieten ICOs zahlreiche Möglichkeiten, bringen jedoch steuerliche und regulatorische Fragen mit sich. Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die steuerlichen Aspekte von ICOs aus Privat- und Unternehmersicht und zeigt, wie steuerliche Fallstricke vermieden werden können.

Was ist ein ICO und wie funktioniert er?

Ein ICO ist eine Methode zur Kapitalbeschaffung, die im Bereich der Kryptowährungen und Blockchain-Technologie häufig verwendet wird. Ein ICO ist vergleichbar mit einem Börsengang (Initial Public Offering, IPO), allerdings für digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen oder Token.

Die Token, die im Rahmen eines ICO ausgegeben werden, können an unterschiedliche „Werte“ geknüpft sein, z.B. Stimmrechte, Zugang zu einer Plattform oder die Beteiligung am Unternehmenserfolg.

Folgendermaßen funktioniert ein ICO:

  • Projektvorstellung: Ein Unternehmen oder Projekt stellt seine Idee vor, häufig durch ein sogenanntes Whitepaper. Darin werden Details zur geplanten Technologie, den Anwendungsfällen, dem Team und der Finanzierung erläutert.
  • Token-Erstellung: Das Unternehmen erstellt digitale Token, die auf einer Blockchain basieren. Diese Tokens repräsentieren oft einen bestimmten Nutzen oder einen Anteil am Projekt.
  • Token-Verkauf: Investoren können diese Token während des ICOs erwerben, meist im Tausch gegen etablierte Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC) oder Ethereum (ETH). Der Preis pro Token ist im Vorfeld festgelegt.
  • Verwendung der Mittel: Die eingenommenen Mittel werden für die Entwicklung des Projekts, Marketing und weitere operative Tätigkeiten verwendet.

Vorteile und Risiken eines ICO

ICOs ermöglichen ohne klassische Finanzierungsmethoden wie Bankkredite oder Venture-Capital-Investitionen Geld zu sammeln. Jeder mit einer Kryptowährungs-Wallet kann sich beteiligen, wodurch ICOs global zugänglich sind. Außerdem können frühzeitige Investitionen bei erfolgreichen Projekten enorme Gewinne generieren.

Zu den besonders erfolgreichen ICOs gehören:

  • Ethereum (ETH): Ist eines der bekanntesten ICOs, das 2014 rund 15,5 Millionen USD einbrachte. Es wurden 50 Millionen Token für jeweils 0,311 Dollar verkauft.
  • Filecoin: Filecoin ist ein Krypto Coin für Sharing und Filehosting. Dieses ICO sammelte 2017 über 250 Millionen USD und war eines der größten in der Blockchain-Historie.

Die Risiken sollte man aber ebenfalls im Blick behalten:

  • Fehlende Regulierung: In vielen Ländern sind ICOs nicht oder nur wenig reguliert, was Betrug und Missbrauch Tür und Tor öffnet.
  • Spekulation: Viele Investoren spekulieren lediglich auf Kursgewinne, ohne Interesse an der Technologie.
  • Hohe Verluste: Wenn das Projekt scheitert, können die Token ihren gesamten Wert verlieren.

Besteuerung von ICOs bei Privatpersonen

Wer als Privatperson Token im Zuge eines ICO kauft, muss dies ähnlich wie Krypto-Trades in der Steuererklärung berücksichtigen. Es gelten die Regelungen zu privaten Veräußerungsgeschäften, für deren Steuerpflicht der Wert zu Kauf- und Verkaufszeitpunkt verglichen wird.

Zu beachten ist die einjährige Spekulationsfrist: Werden die gekauften Token länger als ein Jahr gehalten, ist der Gewinn steuerfrei. Allerdings beginnt die Jahresfrist bei einem ICO schon mit dem Zeitpunkt der Zahlung.

Weitere Informationen zur steuerlichen Behandlung von Krypto, NFTs und weiteren digitalen Assets für Privatanleger finden Sie unter: Blockchain Steuerberatung

Aufsichtsrechtliche Fragestellungen rund um einen ICO

Bevor wir uns der Besteuerung von ICO aus Unternehmenssicht widmen, möchten wir noch kurz die regulatorischen Aspekte ansprechen. Wer einen ICO initiiert, muss sich unbedingt mit den regulatorischen Anforderungen befassen. Es muss geklärt werden, inwiefern der im Rahmen des ICO ausgegebene Token unter die Regulierungspflicht der BaFin fällt und welche Prospektpflichten zu beachten sind. Das wiederum hängt nach dem gegenwärtigen Meinungsstand von der Art des Token ab:

  • Currency Token bzw. Payment Token: Fungieren ausschließlich als Zahlungsmittel. Gegenwärtig ist davon auszugehen, dass Handel, Vermittlung der Anlage und Beratung zur Anlage die Erlaubnis der BaFin erfordern.
  • Security Token: Käufer erhält damit Mitgliedsrechte oder schuldrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten. Dadurch ist gegenwärtig davon auszugehen, dass diese Token der gleichen Regulierung wie die vergleichbaren klassischen Finanzinstrumente, z.B. wenn der Token als Wertpapier eingestuft wird (in dem Fall ist ein Wertpapierprospekt und/oder ein Wertpapierinformationsblatt erforderlich) oder als Genussrecht (in dem Fall ist ein Vermögensanlageprospekt und/oder ein Vermögensanlageinformationsblatt erforderlich) unterliegen.
  • Utility Token: Diese Token können nur im Netzwerk des Ausgebenden eingesetzt werden – für Waren oder Dienstleistungen. Ob hier Regulierungen greifen, ist oft vom jeweiligen Utility Token abhängig. Hier spielt z.B. hinein, welche Renditeerwartungen der Emittent damit verknüpft.

Besteuerung von ICOs bei Unternehmen

Meist wesentlich komplizierter als im Privatbereich gestaltet sich die steuerliche Betrachtung bei ICO aus Unternehmenssicht. Die über einen ICO generierten Einnahmen sollen natürlich primär der Projekt- bzw. Unternehmensentwicklung zugutekommen und nicht zu einem großen Teil an das Finanzamt gehen. Das ist auch grundsätzlich möglich, erfordert aber eine gut durchdachte Planung des ICO. Relevant sind hierbei z.B. folgende Aspekte:

  • Rechtswahl des Emittenten
  • Gestaltung des Token, der mit dem ICO ausgegeben werden soll
  • steuerliche und aufsichtsrechtliche Anforderungen müssen gleichermaßen berücksichtigt werden (hier muss teilweise gegeneinander abgewogen werden, um die finanziell bessere Lösung zu finden)

Steuerfallen bei Tokenausgabe an Gründer und Mitarbeiter 

Die unentgeltliche oder verbilligte Zuteilung von Token an Mitarbeiter oder Gründer kann als geldwerter Vorteil gelten und somit lohnsteuerpflichtig/ ggf. auch eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Der Zeitpunkt des Zuflusses dieses Vorteils ist entscheidend:

  • Zeitpunkt des Zuflusses: Laut einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 10. Mai 2022 erfolgt der Zufluss des geldwerten Vorteils regelmäßig mit der Einbuchung der Tokens in die Wallet des Empfängers, spätestens jedoch, sobald die Token handelbar sind.
  • Bewertung des geldwerten Vorteils: Der geldwerte Vorteil bemisst sich nach dem um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreis am Abgabeort zum Zeitpunkt der Einräumung des Anspruchs. Ein monatlicher Sachbezugsfreibetrag von 50 Euro (bis 31. Dezember 2021: 44 Euro) kann hierbei berücksichtigt werden.

Zudem müssen Emittenten die Dry-Income-Problematik berücksichtigen: Hierbei entsteht eine Steuerlast, ohne dass dem Empfänger liquide Mittel zur Begleichung dieser Steuern zur Verfügung stehen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die zugeteilten Token nicht sofort veräußert werden können oder der Marktwert der Tokens stark schwankt.

Um steuerliche Nachteile zu minimieren, können Unternehmen z.B. Vesting-Modelle in Betracht ziehen. Dabei werden Vesting-Pläne entwickelt, bei denen die Token über einen bestimmten Zeitraum hinweg übertragen werden, um so die Steuerlast zeitlich zu verteilen und die Dry-Income-Problematik zu entschärfen.

Es ist ratsam, die spezifischen steuerlichen Implikationen der Token-Ausgabe sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um unerwartete Steuerbelastungen zu vermeiden.

ICO und Umsatzsteuer 

Umsätze mit Kryptowährungen sind nach der gegenwärtig vorherrschenden Meinung nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie ausschließlich als Zahlungsmittel nutzbar sind. Bei einem ICO haben die ausgegebenen Token jedoch oft einen Bezug zum jeweiligen Geschäftsmodell. Es muss daher immer genau geprüft werden, ob und inwieweit eine Umsatzsteuerbefreiung vorliegt.

Weiterhin sind aus umsatzsteuerlicher Sicht bei einem ICO folgende Punkte zu berücksichtigen:

Art der ausgegebenen Token: Die umsatzsteuerliche Behandlung hängt maßgeblich von der Art der Token ab:

  • Utility Token: Diese Token gewähren dem Inhaber Zugang zu bestimmten Dienstleistungen oder Produkten des Emittenten. Die Ausgabe solcher Token kann als Vorauszahlung für zukünftige Leistungen betrachtet werden und somit der Umsatzsteuer unterliegen.
  • Security Token: Token, die mit Eigenkapital- oder Fremdkapitalcharakter ausgestattet sind, können als Wertpapiere gelten. Deren Ausgabe könnte von der Umsatzsteuer befreit sein, sofern sie unter die entsprechenden Befreiungstatbestände fallen.

Zeitpunkt der Steuerentstehung: Bei Utility Token entsteht die Umsatzsteuerpflicht in der Regel zum Zeitpunkt der Ausgabe des Tokens, da hier eine Leistung gegen Entgelt vorliegt. Die spätere Einlösung des Tokens durch den Investor führt dann sukzessive zur Auflösung der Verbindlichkeit und zur Umsatzrealisierung.

Bestimmung des Leistungsorts: Die Bestimmung des Leistungsorts ist entscheidend für die Frage, in welchem Land die Umsatzsteuer anfällt. Bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen an Endverbraucher innerhalb der EU ist der Leistungsort der Wohnsitz des Leistungsempfängers. Dies kann dazu führen, dass der Emittent sich in verschiedenen Ländern umsatzsteuerlich registrieren muss.

Gewerbesteuer bei ICO

Unternehmen, die ein ICO durchführen, müssen für das gesammelte Kapital unter Umständen Körperschafts- (bei Kapitalgesellschaften) und Gewerbesteuer zahlen. Dabei sind die Rechtsform des Unternehmens und die Art der Token entscheidende Faktoren.

Besteuerung von ICOs: Einschätzung und Beratung für bestmögliche steuerliche Gestaltung

Aufgrund der Komplexität sowie der potenziellen steuerlichen und regulatorischen Risiken bei der Durchführung eines ICO ist es ratsam, frühzeitig steuerlichen und rechtlichen Rat einzuholen. Eine sorgfältige Planung und Dokumentation sind entscheidend, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden und die steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.

Unsere Steuerberater und Anwälte unterstützen Sie gern im Rahmen der ersten Einschätzung Ihres geplanten ICO und der damit zusammenhängenden steuerlich relevanten Themen.