Unternehmen mit Krypto-Assets unterliegen allgemeinen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sowie spezifischen Anforderungen an Dokumentation, Bewertung und steuerliche Behandlung von Transaktionen. Acht zentrale Aspekte helfen, Risiken zu minimieren und die gesetzlichen sowie steuerlichen Vorgaben zu erfüllen.
1. Erfüllung der allgemeinen steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten
Steuerliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für Unternehmen sind im Handelsgesetzbuch (§§ 238 ff. HGB), in der Abgabenordnung (§ 90 Abs. 3, §§ 141, 143 bis 144 AO) und in weiteren Steuergesetzen (§ 22 UStG, § 4 Abs. 3 S. 5 EStG, § 41 EStG) geregelt. Daneben hat die Finanzverwaltung in mehreren Veröffentlichungen Stellung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) genommen. Nach § 238 HGB ist jeder Kaufmann zur Buchführung verpflichtet.
Im Ergebnis sind alle Kaufleute daher verpflichtet, alle steuerlich relevanten Geschäftsvorfälle zu dokumentieren, einschließlich Umsätzen, Gewinnen, Verlusten sowie anderen steuerlichen Aspekten, die für die korrekte Ermittlung der Steuerlast erforderlich sind.
2. „Einzelne, vollständige, richtige, zeitgerechte und geordnete“ Buchführung und Aufzeichnung gemäß § 146 Abs. 1 S. 1 AO
Eine der Kernanforderungen an die Buchführung und die Aufzeichnung ist, dass alle Buchungen und Aufzeichnungen gemäß § 146 Abs. 1 S. 1 AO „einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet“ erfolgen müssen.
a) Vollständigkeit
Gemäß § 146 Abs. 1 S. 1 AO müssen sämtliche Geschäftsvorfälle vollständig erfasst werden. Jeder Geschäftsvorfall, unabhängig von seiner Art oder Wirkung, muss lückenlos und nachvollziehbar dokumentiert werden. Auch erfolgsneutrale Vorgänge dürfen nicht weggelassen werden. Eine Verrechnung oder Saldierung von Geschäftsvorfällen ist unzulässig, da dies die Nachvollziehbarkeit und Transparenz beeinträchtigen würde.
Für Krypto-Unternehmen bedeutet dies, dass jede einzelne Transaktion detailliert und vollständig erfasst werden muss. Dies umfasst nicht nur die Anschaffung und Veräußerung von Kryptowährungen, sondern auch sämtliche Überweisungen, Tauschgeschäfte und interne Transfers zwischen Wallets, selbst wenn diese Vorgänge keinen direkten Einfluss auf den Gewinn haben. Alle relevanten Informationen, wie Zeitstempel, Transaktionshöhe und beteiligte Adressen, müssen sorgfältig aufgezeichnet werden, um eine vollständige Nachprüfbarkeit sicherzustellen.
b) Richtigkeit
§ 146 Abs. 1 S. 1 AO erfordert sowohl die materielle als auch die formelle Richtigkeit der Buchungen. Materiell richtig ist eine Buchung, wenn sie den Geschäftsvorfall so abbildet, wie er tatsächlich stattgefunden hat. Diese Anforderung korrespondiert mit § 154 AO, der die Kontenwahrheit fordert und die Verwendung falscher oder erfundener Namen verbietet. Formell richtig bedeutet, dass die Buchung korrekt vom Beleg übernommen, richtig kontiert und technisch einwandfrei durchgeführt wird.
Da Kryptowährungen für ihre hohe Volatilität bekannt sind, stellt dies eine erhebliche Herausforderung für die Bewertung und Buchung von Transaktionen dar. Daher müssen Krypto-Unternehmen sicherstellen, dass die Werte zum Anschaffungs- und Veräußerungszeitpunkt präzise erfasst und etwaige Wertänderungen ordnungsgemäß dokumentiert werden. Zudem müssen sie alle erforderlichen Belege und Nachweise für jede Buchung vorlegen können, um die formelle Richtigkeit zu gewährleisten, insbesondere da Blockchain-Transaktionen häufig pseudonymisiert ablaufen. Darüber hinaus ist wichtig, dass jede Transaktion korrekt zugeordnet und die entsprechenden Konten voneinander getrennt geführt werden.
c) Geordnete Buchung
Es ist nicht erforderlich, Geschäftsvorfälle in zeitlicher Reihenfolge zu buchen oder abzulegen; stattdessen kann ein sinnvolles Ordnungsmerkmal verwendet werden. Wichtig ist, dass der Grundsatz der Übersichtlichkeit stets gewahrt bleibt. Ein sachverständiger Dritter muss sich in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Vermögenslage des Krypto-Unternehmens verschaffen können. Die gewählten Ordnungsmerkmale müssen eindeutig festgelegt und dokumentiert werden.
c) Einzeln
Geschäftsvorfälle müssen fortlaufend und einzeln erfasst sowie aufgezeichnet werden, sodass deren Entstehung und Abwicklung lückenlos nachvollziehbar sind.
Für Krypto-Unternehmen bedeutet dies, dass jede Transaktion eindeutig identifiziert und dokumentiert werden muss. Dies geschieht durch eine einzigartige Transaktions-ID (Transaction Hash), die es ermöglicht, die Transaktion jederzeit präzise nachzuvollziehen. Diese Transaktions-ID wird in der Blockchain gespeichert und bleibt dauerhaft unveränderlich.
3. Grundsatz der Unveränderbarkeit gemäß § 146 Abs. 4 AO
Der Grundsatz der Unveränderbarkeit gemäß § 146 Abs. 4 AO stellt sicher, dass Buchungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden dürfen, die den ursprünglichen Inhalt unkenntlich macht. Fehlerhafte Buchungen müssen durch sichtbare Korrekturbuchungen berichtigt werden, wobei jede Änderung der ursprünglichen Eintragungen eindeutig kenntlich gemacht und der Zeitpunkt der Änderung festgehalten werden muss, wie es § 146 Abs. 4 S. 2 AO vorschreibt.
In der Praxis kann die Einhaltung dieses Grundsatzes eine wesentliche Herausforderung darstellen. Obwohl die Blockchain-Technologie eine unveränderliche Aufzeichnung von Transaktionen ermöglicht, ist die manuelle Erfassung all dieser Transaktionen für steuerliche Zwecke äußerst zeitaufwändig. Daher nutzen Unternehmen spezialisierte Krypto-Steuertools (sogenannte „Cointracker“), die bei der Erstellung von Transaktionsberichten unterstützen. Aufgrund technischer Komplexität des Datenaustauschs und der Wertübertragung zwischen verschiedenen Blockchains (Cross-Chain-Transaktionen) können jedoch Fehler und Ungenauigkeiten in den Berichten auftreten. Um diese zu korrigieren, ermöglicht die Software nachträgliche Änderungen in der endgültigen Dokumentation. Dies führt dazu, dass die Steuerdokumentation „verändert“ wird, was theoretisch gegen den Grundsatz der Unveränderbarkeit verstößt. In der Praxis ist es jedoch nicht der Fall, wenn die vorgenommenen Korrekturen und Änderungen transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden, sodass ersichtlich ist, wo und wann die Veränderungen vorgenommen wurden und aus welchem Grund. Auf diese Weise werden die Voraussetzungen des Grundsatzes erfüllt, sodass es grundsätzlich keinen Verstoß gegen die Unveränderbarkeit gibt.
4. Verfahrensdokumentation
Bei der Nutzung spezieller Software zur Erfüllung der Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit Kryptowährungen müssen Unternehmen sicherstellen, dass diese Software den Anforderungen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei der digitalen Aufzeichnung (GoBD) entspricht. Dies umfasst die Erstellung einer Verfahrensdokumentation, was auch für die Nutzung von Cointracker gilt. Als Unternehmer ist daher detailliert darzulegen:
- Funktionsweise der eingesetzten Software: Welche Module und Funktionen werden genutzt, und wie tragen diese zur Erfassung und Verarbeitung der Geschäftsvorfälle bei?
- Verarbeitung der Geschäftsvorfälle: Wie behandelt, erfasst und verbucht die Software verschiedene Arten von Kryptowährungstransaktionen, wie z. B. Käufe, Verkäufe, Tauschgeschäfte, Mining oder Staking?
- Ermittlung der Ergebnisse: Wie berechnet die Software Ergebnisse, einschließlich der Gewinn- und Verlustermittlung, steuerlichen Bewertung und Berichterstellung?
Durch eine detaillierte Verfahrensdokumentation wird sichergestellt, dass alle Buchführungsprozesse transparent und nachvollziehbar sind, was den Anforderungen der GoBD entspricht.
5. Ordnungsgemäße Aufbewahrungspflichten gemäß § 147 Abs. 1 AO
Gemäß § 147 AO müssen alle aufzeichnungspflichtigen Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, ordnungsgemäß aufbewahrt werden. Dies schließt sowohl Papierdokumente als auch elektronische Aufzeichnungen ein, wie z. B. digitale Transaktionsübersichten, CSV-Dateien, Handels- oder Geschäftsbriefe, Buchungsbelege und sonstige steuerlich relevante Unterlagen.
6. Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung gemäß § 147 Abs. 6 AO
Unternehmen, die aufbewahrungspflichtige Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen ganz oder teilweise mittels eines Datenverarbeitungssystems führen, müssen das Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung gemäß § 147 Abs. 6 AO beachten. Dies betrifft auch spezielle Softwarelösungen, die zur Erfüllung der Aufzeichnungspflichten bei Krypto-Unternehmen eingesetzt werden (wie z.B. Cointracking oder Blockpit). Im Rahmen einer Außenprüfung kann die Finanzverwaltung Zugriff auf diese Daten verlangen, um die steuerlichen Pflichten zu überprüfen.
7. Herausgabe nicht aufbewahrungspflichtiger Unterlagen
Neben den aufbewahrungspflichtigen Dokumenten kann die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung auch die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen, sofern diese für das Verständnis der Aufzeichnungen und zur Feststellung des steuerlich relevanten Sachverhalts erforderlich sind. Dies wird durch § 200 Abs. 1 S. 1 und 2 AO geregelt und kann für Unternehmen im Krypto-Bereich besonders relevant sein, wenn es um die Nachvollziehbarkeit von Transaktionen und deren steuerliche Behandlung geht.
Konsequenzen bei Verstößen
Unternehmen, die gegen die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten verstoßen, müssen mit ernsthaften Konsequenzen rechnen.
- Die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten ist in § 379 AO geregelt und kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden.
- Nach § 162 AO können die Finanzbehörden steuerliche Schätzungen vornehmen, die oft eine höhere Steuerlast zur Folge haben.
- In schwerwiegenden Fällen kann mangelhafte Buchführung als Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO gewertet werden, was strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.
- Zudem können unzureichende Aufzeichnungen zu zivilrechtlichen Problemen führen, insbesondere bei der Beweisführung in Gerichtsverfahren.
Die Einhaltung der Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten ist daher eine unverzichtbare Aufgabe im Finanz- und Rechnungswesen eines Unternehmens. Sie bildet die Grundlage für die Ermittlung von Gewinnen, die Berechnung der Steuerlast und die Offenlegung gegenüber Dritten wie Banken oder Investoren.
Aufzeichnungspflicht nach MiCA (Markets in Crypto-Assets Regulation)
Nach Artikel 68 Punkt 9 MiCA müssen Krypto-Asset-Dienstleister sicherstellen, dass sie Aufzeichnungen über alle von ihnen erbrachten Dienstleistungen, Aktivitäten, Aufträge und Transaktionen im Zusammenhang mit Krypto-Assets führen. Diese Aufzeichnungen müssen ausreichend sein, damit die zuständigen Behörden ihre Aufsichtspflichten erfüllen und Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen können. Insbesondere müssen sie feststellen können, ob die Dienstleister alle Verpflichtungen eingehalten haben, einschließlich derjenigen gegenüber Kunden oder potenziellen Kunden und in Bezug auf die Marktintegrität. Die Aufzeichnungen müssen für einen Zeitraum von fünf Jahren aufbewahrt werden und, falls die zuständige Behörde dies vor Ablauf der fünf Jahre verlangt, für bis zu sieben Jahre.
Fazit
Durch die Berücksichtigung der oben genannten sieben Aufforderungen können Unternehmen sicherstellen, dass sie nicht nur den rechtlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch ihre Geschäftsprozesse effizienter und sicherer gestalten. Der proaktive Umgang mit diesen Pflichten ist unerlässlich, um Risiken zu minimieren und langfristig erfolgreich zu sein.
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Ihr ACCONSIS-Ansprechpartner

Dr. Christopher Arendt
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Geschäftsführer der ACCONSIS
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