Mitwirkungspflichten für Krypto-Anleger verschärft: Das fordert das BMF jetzt konkret

Mit dem Schreiben vom 6. März 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) seine Auffassung zur Besteuerung von Kryptowerten präzisiert und in zentralen Punkten verschärft. Besonders in den Vordergrund rücken dabei die bislang oft unterschätzten Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen. Wer mit Kryptowährungen handelt oder anderweitig Einkünfte aus digitalen Vermögenswerten erzielt, steht nun in einer deutlich erweiterten Verantwortung, dem Finanzamt alle steuerlich relevanten Informationen lückenlos offenzulegen – und zwar unabhängig davon, auf welcher Plattform gehandelt wurde.

Was bedeutet „Mitwirkungspflicht“ konkret?

Der Begriff der Mitwirkungspflicht ist in der Abgabenordnung §§ 90 ff. AO geregelt. Im steuerlichen Kontext meint er nicht weniger als die Pflicht des Steuerpflichtigen, sämtliche Tatsachen, die für die Besteuerung erheblich sind, vollständig und wahrheitsgemäß darzulegen. Dabei ist der Steuerpflichtige insbesondere bei Auslandssachverhalten verpflichtet, an der Aufklärung des steuerlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken. Das Finanzamt ist nicht dazu verpflichtet, selbst zu recherchieren oder Beweise einzuholen. Für Kryptowährungen bedeutet das, dass der Steuerpflichtige alle Transaktionen und Vorgänge selbst dokumentieren, plausibel aufbereiten und auf Nachfrage jederzeit nachweisen können muss.

Im Kern erwartet das Finanzamt eine vollständige Aufschlüsselung sämtlicher Transaktionen, inklusive Datum, Uhrzeit, Art des Vorgangs (z. B. Kauf, Verkauf, Tausch, Lending, Staking, Airdrop), der involvierten Kryptowährungen, der Menge, des jeweils geltenden Euro-Werts sowie der verwendeten Wallets oder Handelsplattformen. Darüber hinaus sind Informationen zu Transaktionsgebühren, den verwendeten Umrechnungskursen und etwaigen Besonderheiten der Transaktion -etwa bei Hard Forks oder verlorenen Coins- beizubringen. Auch Nachweise zur Herkunft der Coins, insbesondere bei älteren Beständen oder bei anonymisierten Wallet-zu-Wallet-Transaktionen, werden gefordert.

Die Plattformwahl macht den Unterschied

Ein zentrales Anliegen des neuen BMF-Schreibens ist die Differenzierung der Mitwirkungspflichten in Abhängigkeit von der Handelsplattform. Je nach Standort und Struktur der Börse – ob zentralisiert oder dezentral, EU-ansässig oder Drittstaat – variiert der Umfang der zumutbaren Mitwirkungspflichten erheblich.

Wer etwa bei einem deutschen Anbieter wie Bison oder der V-Bank handelt, profitiert von der Tatsache, dass diese Plattformen deutschen regulatorischen Anforderungen unterliegen. In der Regel stellen sie strukturierte Transaktionsnachweise und steuerlich verwertbare Reports zur Verfügung. Für den Steuerpflichtigen bedeutet das: Die relevanten Daten sind in einem für die Finanzverwaltung gut lesbaren Format abrufbar, was die Einhaltung der Mitwirkungspflichten erheblich erleichtert.

Anders sieht es bei ausländischen, insbesondere außereuropäischen Plattformen wie Binance oder Kraken aus. Diese Anbieter unterliegen nicht der deutschen Finanzaufsicht, oft fehlen einheitliche oder vollständige Steuerreports. Hinzu kommt: Plattformen wie Binance haben in der Vergangenheit den automatischen Export von Transaktionsdaten zeitlich begrenzt oder gänzlich eingestellt. Wer seine Daten dort nicht rechtzeitig sichert, läuft Gefahr, wichtige Belege zu verlieren, mit der Folge, dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen darf. In einem solchen Fall liegt die volle Verantwortung beim Steuerpflichtigen. Das BMF betont ausdrücklich, dass sich niemand darauf berufen kann, „die Daten seien nicht mehr verfügbar gewesen“. Wer bei Drittstaaten-Plattformen handelt, entscheidet sich bewusst für eine komplexere Mitwirkungspflicht und trägt im Zweifel das Risiko.

EU-Plattformen wie Bitpanda bewegen sich in einem Zwischenbereich. Auch sie unterliegen regulatorischen Vorgaben – etwa durch die bevorstehende EU-Verordnung MiCA –, liefern aber nicht immer steuerlich verwertbare Daten im deutschen Format. Oftmals müssen Werte händisch umgerechnet, Gebühren nachträglich ergänzt oder Staking-Erträge gesondert dokumentiert werden. Auch hier liegt die Mitwirkungspflicht beim Steuerpflichtigen, selbst wenn die Plattform grundsätzlich kooperationsbereit ist.

Noch anspruchsvoller ist die steuerliche Aufarbeitung bei dezentralen Plattformen wie Uniswap oder PancakeSwap. Hier gibt es keine zentrale Instanz, keine Kundenbetreuung, keinen Steuerreport. Wer auf eigene Wallets und DeFi-Protokolle setzt, muss Transaktionen auf der Blockchain selbst nachvollziehen, belegen und interpretieren können. Ohne entsprechende technische Kenntnisse oder spezialisierte Tracking-Tools wie CoinTracking oder Accointing kann dies zur kaum lösbaren Aufgabe werden. Das Finanzamt wird in solchen Fällen sehr genau hinsehen und bei mangelnder Transparenz oder widersprüchlichen Angaben eine Schätzung vornehmen.

Konsequenzen bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten

Kommt ein Steuerpflichtiger seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, etwa weil er Transaktionen nicht mehr rekonstruieren kann, keine Nachweise über Herkunft oder Tauschwerte liefert oder widersprüchliche Angaben macht, hat das gravierende Folgen. In einem solchen Fall darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO schätzen. Dabei gilt: Die Schätzung erfolgt im Zweifel nicht zu Gunsten des Steuerpflichtigen. Zudem kann es zur Aberkennung von Steuervergünstigungen kommen, etwa bei der Anwendung der einjährigen Spekulationsfrist nach § 23 EStG. In schwerwiegenden Fällen, etwa bei vorsätzlicher Verschleierung oder grober Fahrlässigkeit, drohen auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen bis hin zur Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung.

Fazit: Frühzeitig dokumentieren, systematisch archivieren

Das neue BMF-Schreiben macht deutlich: Die steuerliche Behandlung von Kryptowerten ist nicht nur eine Frage der korrekten Bewertung oder Fristen, sondern auch – und vor allem – eine Frage der lückenlosen Dokumentation. Steuerpflichtige, die Kryptowährungen handeln, sind gut beraten, alle Transaktionen zeitnah zu dokumentieren, ihre Daten regelmäßig zu sichern und im Zweifel fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wer auf Plattformen mit mangelhafter Datenstruktur handelt, trägt ein höheres Risiko – steuerlich und rechtlich. Die Mitwirkungspflicht endet nicht mit dem Ausfüllen der Steuererklärung, sondern beginnt bereits mit der ersten Transaktion.

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