Der Ausgleich von Pflegeleistungen nach dem Tod ist ein Thema, mit dem sich Erben nach dem Tod einer Person oft auseinandersetzen müssen, wenn ein Miterbe die verstorbene Person vor ihrem Tod gepflegt hat. Denn der Ausgleich von Pflegeleistungen ist ein Aspekt im Falle einer Erbschaft, über den eine Erbstreitigkeit ausbrechen kann.

Typischer Fall des Ausgleichs von Pflegeleistungen  

Wie der Ausgleich von Pflegeleistungen nach dem Tod aussehen kann, lässt sich am besten mit einem Beispiel darstellen:

Witwe W hat zwei Kinder, ihre Söhne A und B. W ist umfassend pflegebedürftig und wird vor ihrem Tod geraume Zeit aufopferungsvoll von A gepflegt. Nach dem Tod der W fragt sich A, ob er die Erbschaft nun wirklich hälftig mit seinem Bruder B teilen muss, oder ob er nicht einen Ausgleich für die von ihm erbrachten Leistungen verlangen kann.

Ausgleich nach dem BGB

Tatsächlich sieht das Gesetz in § 2057a BGB die Möglichkeit vor, dass Abkömmlinge für besondere Leistungen im Einzelfall eine Ausgleichung von Miterben verlangen können. Das gilt insbesondere und vor allem für die Pflege einer Person vor ihrem Tod, also die Pflege des späteren Erblassers.

Aber auch wenn ein Abkömmling über eine längere Zeit durch das Mitarbeiten im Haushalt, Beruf oder Geschäft des späteren Erblassers in besonderem Maß dazu beigetragen hat, dass das Vermögen der umsorgten Person erhalten oder vermehrt wurde, kann diese Person einen Ausgleich nach dem Erbfall verlangen.

Wichtig ist an dieser Stelle zu wissen: Der Ausgleich ist grundsätzlich nur möglich, wenn der Abkömmling aufgrund der gesetzlichen Erbfolge erbt. Zwar ist ein Ausgleich bei testamentarischen Erben möglich. Dieser Fall liegt dann aber etwas komplizierter.  

Ausgleich für Kinder und Enkel, kein Ausgleich für Ehegatten

Das Gesetz spricht in § 2057a BGB ausdrücklich nur von Abkömmlingen, die einen Ausgleich verlangen können. Abkömmlinge in diesem Sinne sind in erster Linie Kinder und Enkel der verstorbenen Person. Kein Abkömmling ist naturgemäß z.B. der Ehegatte des Erblassers. Das hat zur Folge, dass ein Ehepartner keinen Ausgleich für Pflegeleistungen nach § 2057a BGB verlangen kann, egal wie lange und intensiv ggf. die Pflege des Ehepartners war.

Ausgleichung ist keine Nachlassverbindlichkeit!

Wichtig ist hier zu wissen: Der Ausgleich von Pflegeleistungen nach dem Todesfall ist kein Anspruch einer Person gegen die Erben wie es z.B. beim Vermächtnis der Fall ist. Die sog. Ausgleichung ist damit auch keine Nachlassverbindlichkeit. Sie ist vielmehr direkt bei der Teilung des Nachlasses unter den Miterben zu beachten. Es wird der Person, die den Erblasser gepflegt hat, ein rechnerisch höherer Anteil an der Erbschaft zugeteilt, wenn die Erbengemeinschaft aufgelöst wird.

Umfang und Höhe des Ausgleichs

Streit entsteht beim Ausgleich von Pflegeleistungen oft schon dem Grunde nach: nicht selten empfinden Angehörige es nicht als gerecht, wenn eine Person wegen der Pflege mehr erben soll.

Aber auch wenn sich die Erben grundsätzlich einig sind, dass ein Miterbe einen Ausgleich z.B. für Pflegeleistungen erhalten soll, entbrennt häufig Streit über den Umfang des Ausgleichs. Denn die gesetzlichen Bestimmungen zur Ausgleichung sind wenig konkret. § 2057a Abs. 3 BGB legt lediglich fest, dass der Ausgleichsanspruch danach zu bemessen ist, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

Insofern ist die Bemessung des Ausgleichs immer eine Frage des Einzelfalls, die unter Gesamtabwägung der individuellen Umstände des Einzelfalls stattfinden muss. Dabei geht man grundsätzlich davon aus, dass der Ausgleich mehr als die Hälfte des Nachlasses betragen darf, aber nicht den gesamten Nachlass ausmachen darf.  

Konkret kommt es vor allem auf diese Aspekte an:

  • Intensität der Pflege (Umfang, Dauer)
  • finanzieller Aufwand
  • Umfang des Einkommensverlusts der pflegenden Person
  • persönliche, immaterielle Bedeutung der Pflegeleistung für den Erblasser
  • Wert des Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten
  • Umfang des Erhalts / Vermehrung des Nachlasses durch Leistung der Person.

„Ausgleich“ schon vor dem Tod – Auswirkungen?

Eine wesentliche Einschränkung ist außerdem zu bedenken: Der Ausgleich von Pflegeleistungen vor dem Tod findet nur statt, wenn vor dem Tod der gepflegten Person nicht schon ein Ausgleich stattgefunden hat. Das kann der Fall sein, wenn die Person für die Pflege regelrecht bezahlt wurde oder eine Schenkung beispielsweise explizit als Ausgleich für die Pflege gemacht wurde.

Letztlich bedeutet das: ein Ausgleich nach dem Tod gem. §2057a BGB ist nur möglich, wenn die Pflege vor dem Todesfall unentgeltlich war und damit noch keinerlei Ausgleich stattgefunden hat.   

Fragen zum Thema Ausgleich von Pflegeleistungen?

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Nicolai Utz
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht
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