Unter dem Begriff Erbschaftsstreit bzw. Erbstreitigkeit fasst man alle rechtlichen Auseinandersetzungen zusammen, die sich rund um einen Erbfall ergeben können. Ein Erbschaftsstreit oder Erbstreit ist damit eine rechtliche Auseinandersetzung nach dem Tod einer Person – meist im Bereich des Erbrechts. Dabei können Erbschaftsstreitigkeiten sehr unterschiedliche Gründe haben und sich zwischen unterschiedlichen Personen abspielen. Genauso können sie sich auf die ganze Erbschaft beziehen oder auf einzelne Gegenstände aus der Erbschaft.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, in einem Erbstreit die Unterstützung eines Rechtsanwalts oder Fachanwalts für Erbrecht in Anspruch zu nehmen. Je nach Konstellation kann anwaltliche Vertretung außerdem auch notwendig sein, wenn man gerichtliche Schritte einleiten will bzw. muss.
Erbstreit rund um das Testament
Ein häufiger Fall der Erbschaftsstreitigkeit ist, dass Erben an der Wirksamkeit eines Testaments oder eines Erbvertrages zweifeln. Die Gründe für eine (mögliche) Unwirksamkeit können unterschiedlich sein: so kann ein Testament unwirksam sein, weil der Erblasser nicht testierfähig war, also geistig nicht mehr in der Lage, ein Testament zu errichten. Aber auch Formfehler (z.B. eine fehlende Unterschrift) können ein Testament unwirksam machen. Besteht der Verdacht, dass ein Testament nicht wirksam ist, muss dies dem Nachlassgericht mitgeteilt werden. Auch eine Klage bei Gericht ist möglich.
Hat sich der Erblasser bei Errichtung des Testaments über bestimmte Umstände geirrt, ist die Anfechtung des Testaments durch eine Anfechtungserklärung bei Gericht grundsätzlich der richtige Weg.
In beiden Fällen können die Folgen erheblich sein: statt des Testaments gilt dann oftmals die gesetzliche Erbfolge. Aber auch ein früheres Testament kann unter Umständen wieder gelten. Das Ergebnis kann für einzelne Personen große Unterschiede machen.
Aber auch die Auslegung eines an sich wirksamen Testaments kann für Streit sorgen. Hier entsteht Streit in aller Regel unter Erben, wenn unterschiedliche Auslegungen zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Stellung als Erbe führen. Diese Erbschaftsstreitigkeit entsteht dann in aller Regel im Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht, wenn (vermeintliche) Erben einen Erbschein beantragen. Hier ist das Gericht gefragt, das Testament auszulegen und letztlich über die Erbenstellung zu entscheiden.
Erbschaftsstreit rund um den „Pflichtteil“
Geht es um Pflichtteilansprüche, sind Erbstreitigkeiten häufig vorprogrammiert. Denn einem Pflichtteilsanspruch geht zwangsläufig die Enterbung eines nahen Verwandten voraus. Allein dieser Umstand führt oft zu Unmut in der Familie der verstorbenen Person.
Eine Folge kann sein, dass ein nun „nur“ Pflichtteilsberechtigter gegen die letztwillige Verfügung vorgeht, in der es zur Enterbung gekommen ist. Dies z.B. mit einer Anfechtung des Testaments oder Erbvertrages oder indem er vor Gericht die Wirksamkeit des Testaments anzweifelt.
Viel häufiger kann sich ein Rechtsstreit aber auch über die Pflichtteilsansprüche selbst entwickeln: Denn es entsteht fast immer Streit darüber, wie viel Geld die Erben dem Pflichtteilsberechtigten zahlen müssen. Will der Erbe oder wollen die Erben den Pflichtteilsanspruch nicht befriedigen, ist es möglich, dass Pflichtteilsberechtigte Klage auf Zahlung erheben.
Ansprüche und Rechte von Nachlassgläubigern
Gleiches gilt auch für andere sog. Nachlassgläubiger: auch Vertragspartner einer verstorbenen Person oder andere Gläubiger können nach deren Tod zahlreiche Ansprüche, die zuvor gegen diese Person bestanden, außergerichtlich oder vor Gericht gegenüber Erben geltend machen. Auch hier kann man von einer Erbschaftsstreitigkeit sprechen.
Streit der Erben untereinander / Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
Nicht zuletzt besteht innerhalb einer Erbengemeinschaft ein nicht unerhebliches Konfliktpotenzial, das sich in Erbstreitigkeiten entladen kann.
Einerseits kann es im Zusammenhang mit der Verwaltung der Erbengemeinschaft zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten kommen, wenn es z.B. um die Verwaltung der Gemeinschaft geht. So besteht z.B. unter Erben ein Anspruch auf Mitwirkung an der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (§ 2038 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Andererseits ist vor allem die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft Anlass für Erbstreitigkeiten unter den Erben – vor allem, wenn Uneinigkeit über die Verteilung der Erbschaft auf die Erben besteht. Nicht selten enden derartige Streitigkeiten dann in einer Teilungsversteigerung, wenn Immobilien Teil der Erbmasse sind, oder in einer sog. Erbauseinandersetzungsklage.
Lösung von Erbschaftsstreitigkeiten
Die Lösung von Erbschaftsstreitigkeiten beginnt bestenfalls damit, diese Streitigkeiten zu vermeiden. Erbstreitigkeiten verhindern im Idealfall Erblasser selbst, indem sie mit anwaltlicher Unterstützung letztwillige Verfügungen erstellen, die klar formuliert sind, ggf. Vermächtnisse enthalten, einen Testamentsvollstrecker benennen etc. und damit für Klarheit unter den Erben sorgen.
Finden Erben nach dem Erbfall allerdings keine solche Situation vor, sind bei Streitigkeiten unter Erben wie auch mit Nachlassgläubigern außergerichtliche Verhandlungen ein wichtiger Schritt. Solche Verhandlungen können dazu beitragen, eine Erbstreitigkeit nicht eskalieren zu lassen. Auch Mediation kann in einer solchen Situation sinnvoll sein.
Sind Konflikte nicht auf einvernehmlichem Wege zu lösen, ist der Gang zu Gericht die letzte Möglichkeit, zu seinem Recht zu kommen.
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