Die „vorweggenommene Erbfolge“ als „Erbschaft zu Lebzeiten“ ist eine Möglichkeit, die Erbschaftsteuer für Erben zu reduzieren, indem man gesetzlich vorgesehene Steuerfreibeträge z.B. für Kinder und Enkel planvoll nutzt.
Will man deswegen sein Vermögen ganz oder teilweise schon zu Lebzeiten auf die nächste(n) Generation(en) übertragen, sollte man dieses Thema rechtzeitig und planvoll angehen. Rechtzeitig bedeutet dabei vor allem: nicht erst in einem sehr hohen Alter, um Steuerfreibeträge – wenn nötig – unter Umständen auch mehrfach nutzen zu können.
Was bedeutet „vorweggenommene Erbfolge“?
Vorweggenommene Erbfolge bedeutet, dass man die zukünftige Erbfolge teilweise vorwegnimmt, indem man einzelne Vermögensgegenstände bereits zu Lebzeiten auf Personen überträgt bzw. verschenkt.
In der Regel überträgt man Vermögen wie z.B. Immobilien, Gesellschaftsbeteiligungen etc. auf Personen, die andernfalls das Vermögen erben würden. Meist wird das Vermögen in einer solchen Konstellation schenkungsweise auf Kinder und / oder Enkel übertragen.
Neben steuerlichen Erwägungen hat eine vorweggenommene Erbfolge u.a. den Vorteil, dass hierdurch die spätere Erbfolge erleichtert werden kann. Das gilt u.a., wenn ein Familienbetrieb später nur auf eines von mehreren Kindern übergehen soll.
Wie vermeidet bzw. reduziert man durch vorweggenommene Erbfolge Erbschaftsteuer?
Erben Personen etwas, stehen engen Verwandten Erbschaftsteuer-Freibeträge zu. Das Gleiche gilt, wenn Personen ihr Vermögen an Verwandte verschenken, hier greifen Schenkungsteuerfreibeträge. Dabei sieht das Gesetz abhängig vom Verwandtschaftsgrad für Erbschaften und Schenkungen grundsätzlich einen einheitlichen Steuerfreibetrag vor.
Hier setzt das System der vorweggenommenen Erbfolge an: Denn bei der Schenkungsteuer profitieren Beschenkte alle zehn Jahre erneut von diesen Freibeträgen. Sofern zwischen Schenkung(en) und Erbfall mehr als 10 Jahre vergehen, kann der Freibetrag mehrfach ausgenutzt werden. So ist es möglich, mit der vorweggenommenen Erbfolge sein Vermögen ganz oder teilweise schenkungsteuerfrei bzw. erbschaftsteuerfrei auf die Personen zu übertragen, die ggf. später ohnehin das Vermögen erben würden.
Je nach Größe des Vermögens kann der Steuerfreibetrag auch öfters ausgeschöpft werden, wenn die vorweggenommene Erbfolge rechtzeitig – also nicht erst im hohen Alter – in Angriff genommen wird.
Beispiel vorweggenommene Erbfolge:
Eine Mutter schenkt ihrer Tochter (Freibetrag: EUR 400.000) im Jahr 2015 einen hälftigen Immobilienanteil im Wert von EUR 400.000. Nach dem Tod der Mutter 2021 erbt die Tochter die andere Hälfte der Immobilie. Die Tochter muss auf den Betrag von EUR 400.000 Erbschaftsteuer entrichten, da innerhalb der 10-Jahres-Frist die beiden Erwerbe zusammengerechnet werden.
Bei einem Steuersatz von 15 % (von EUR 400.000) fallen beim Erbfall EUR 60.000 Erbschaftsteuer an. Wenn hingegen zwischen Schenkung und Erbfall mindestens zehn Jahre vergehen, wäre der Erwerb steuerfrei, da der Freibetrag dann beim Erbfall erneut zur Verfügung steht.
Das Beispiel verdeutlicht: rechtzeitig über eine Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten auf die nächste Generation nachzudenken, ist für Erben bares Geld wert und kann dazu beitragen, dass ein Familienvermögen z.B. in Form einer Immobilie nicht von der Erbschaftsteuer „aufgefressen“ wird.
Beide Eltern haben Freibeträge!
Ferner gilt es möglichst zu verhindern, dass Freibeträge eines Elternteils ungenutzt bleiben. Denn jedes Kind hat gegenüber jedem Elternteil einen gesonderten Freibetrag.
Bei einseitiger Vermögensverteilung zwischen den Elternteilen kann es sich beispielsweise lohnen, dass der „reichere“ Elternteil dem „ärmeren“ Elternteil etwas schenkt (im Rahmen des Ehegattenfreibetrages von EUR 500.000), was dieser anschließend an die Kinder verschenkt / vererbt.
So können die Freibeträge der Kinder gegenüber jedem Elternteil genutzt werden.
Vorweggenommene Erbfolge & minderjährige Kinder: geht das?
Grundsätzlich kann man auch minderjährige Kinder beschenken. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Kinder mit Vollendung des 18. Lebensjahres uneingeschränkten Zugriff auf das geschenkte Vermögen erhalten. Das kann sich ggf. auch nachteilig auf die weitere Entwicklung des Kindes auswirken.
Für einen solchen Fall ist es zwar möglich, die Zugriffsmöglichkeit des Kindes einzuschränken. Wenn jedoch die Absicherung des minderjährigen Kindes für den eigenen Todesfall (des Schenkers) im Vordergrund steht, sollte das Kind besser im Rahmen eines Testaments bedacht werden. Denn im Testament ist es deutlich einfacher, die Zugriffsmöglichkeit für einen längeren Zeitraum (z.B. bis Erreichen des 27. Lebensjahres) auszuschließen.
Wie sollte sich der Schenker absichern?
Auch wenn Eltern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge oft nur das Wohl der eigenen Kinder im Kopf haben: Schenker, die ihr Vermögen auf die nächste(n) Generation(en) übertragen, sollten sich selbst unbedingt absichern. Das gilt vor allem für Immobilien, die selbst bewohnt werden.
Bei entsprechender Vertragsgestaltung ist es möglich, trotz Schenkung mit einem Nießbrauch auf Lebenszeit ein Wohnrecht und Vermietungsrecht in dem Familienheim zu erhalten. Genauso ist dringend anzuraten, sich bei der Schenkung für bestimmte Fälle (z.B. Veräußerungsversuch oder das Vorversterben des Beschenkten) die Rückforderung vorzubehalten.
Damit wird deutlich, dass die rechtssichere Ausgestaltung des Schenkungsvertrages neben der steuerlichen Planung das A und O einer gelungenen vorweggenommenen Erbfolge ist. Das ist überragend wichtig, da es nicht alleine möglich ist, einen Schenkungsvertrag nachträglich zu verändern.
Fragen zur vorweggenommenen Erbfolge?
Haben Sie Fragen zum Thema vorweggenommene Erbfolge? Sprechen Sie uns gerne an!
Ihr ACCONSIS Ansprechpartner
Nicolai Utz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Prokurist der ACCONSIS
Service Telefon
+49 89 54 71 43
oder per E-Mail n.utz@acconsis.de
f