Testament anfechten: Das gilt es zu wissen und zu beachten

Testamente sind immer wieder Anlass für Streit und Ärger unter Angehörigen einer verstorbenen Person. Und es kommt durchaus vor, dass Angehörige ein Testament anfechten wollen. Die Motive für eine solche Testamentsanfechtung sind dann sehr unterschiedlich.

Aber nicht immer, wenn ein Angehöriger ein Testament anfechten will, ist das möglich und/oder sinnvoll. In diesem Beitrag beantworten wir deshalb die wichtigsten Fragen zum Thema „Testament anfechten“.

Wann ist eine Anfechtung überhaupt notwendig?

Ein Testament anzufechten ist nur notwendig, wenn das Testament an sich wirksam ist, aber Gründe dafür sprechen, dass das Testament in dieser Form keinen Bestand haben sollte, weil z. B. in der letztwilligen Verfügung nicht der freie oder der wirkliche Wille des Erblassers zum Ausdruck kommt.

In dieser Situation kann eine Anfechtung einer letztwilligen Verfügung – eines Testaments, eines Erbvertrages etc. – der richtige Weg sein. Ob es sich bei dem Testament um ein handschriftliches oder notarielles Testament, um ein Ehegattentestament bzw. „Berliner Testament“ oder um einen Erbvertrag handelt, ist dann unerheblich.

Unwirksames Testament: keine Anfechtung notwendig

Eine Anfechtung ist allerdings nicht der richtige Weg, wenn eine letztwillige Verfügung unwirksam ist. Eine Anfechtung ist dann schlichtweg nicht notwendig: Ein unwirksames Testament entfaltet keine Wirkung. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Erblasser

  • nicht mehr testierfähig war (z. B. wegen fortgeschrittener Demenz) oder
  • das Testament nicht in der gesetzlichen Form errichtet hat (z. B. fehlende Unterschrift).

Bestehen aus den genannten Gründen Zweifel an der Wirksamkeit eines Testaments, sollte man diese Punkte zunächst anwaltlich prüfen lassen und dem Nachlassgericht Zweifel an der Wirksamkeit eines Testaments mitteilen. Das Nachlassgericht geht diesen Zweifeln dann von Amts wegen nach.

Um den Geisteszustand des Erblassers bei der Errichtung des Testaments zu klären, kann das Nachlassgericht beispielsweise auch Sachverständigengutachten einholen. Die Gutachterkosten, die ganz erheblich sein können, können allerdings den Beteiligten auferlegt werden. Insofern gilt es, Erfolgsaussichten und Kostenrisiko im Vorfeld abzuwägen.  

Testamentsanfechtung – nicht ohne Grund!

Hinzukommt: Eine Testamentsanfechtung ist auch nicht immer möglich. Denn das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt zwar viele Gründe, aus denen ein Testament unwirksam sein kann. Die Gründe für eine wirksame Anfechtung sind allerdings begrenzt.

So ist eine letztwillige Verfügung anfechtbar, wenn der Erblasser

  • bedroht wurde bzw. unter Zwang gehandelt hat,  
  • getäuscht wurde,   
  • sich über den Inhalt seiner Anordnungen geirrt hat, 
  • in der Testierfreiheit wegen früherer Erbverträge/Ehegattentestamente beschränkt war oder
  • einen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat,

als er seinen letzten Willen formuliert hat. Nicht zuletzt ist auch eine „Anfechtung wegen Scheidung“ denkbar, wenn nach einer Scheidung das Testament nicht angepasst wurde.

Außerdem gilt der Grundsatz „Auslegung vor Anfechtung“. Wenn der wirkliche Wille des Erblassers also durch Auslegung des Testaments ermittelt werden kann, ist eine Anfechtung nicht notwendig und nicht möglich. Insofern ist es wichtig, vor einer Anfechtung alle anderen Möglichkeiten professionell abzuklären, um nicht mit einer erfolglosen Anfechtung Schiffbruch zu erleiden.

Wer kann ein Testament wann anfechten?

Grundsätzlich kann jeder, der von einer erfolgreichen Testamentsanfechtung profitieren würde, ein Testament anfechten (§ 2080 BGB). Wer also nach der erfolgreichen Anfechtung am Nachlass beteiligt ist – z. B. weil er dann gesetzlicher Erbe wird –, ist anfechtungsberechtigt. Anders ist das allerdings bei einer Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten (§ 2079 BGB): Hier kann nur der betroffene Pflichtteilsberechtigte die Anfechtung erklären.

Wichtig ist außerdem zu wissen: Erst wenn die Person verstorben ist, kann man eine letztwillige Verfügung anfechten.  

Was bewirkt eine Anfechtung des Testaments?

Hier kommt es auf den Einzelfall an.

Wird ein Testament im Ganzen erfolgreich angefochten, ist es im Ganzen unwirksam. Das kann beispielsweise bei der Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten der Fall sein. Die Folge: Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein, wenn kein älteres wirksames Testament oder eine andere ältere wirksame letztwillige Verfügung (Erbvertrag etc.) existiert.

Wird ein Testament nur teilweise angefochten oder bezieht sich der Unwirksamkeitsgrund (z. B. Irrtum) nur auf bestimmte Verfügungen im Testament, ist grundsätzlich nur dieser Teil des Testaments unwirksam. Im Übrigen bleibt das Testament dann wirksam. Die konkrete Folge der Anfechtung ist aber eine Frage des Einzelfalls und regelmäßig sehr streitträchtig.

Wie (lange) kann man ein Testament anfechten?

Grundsätzlich ist es möglich, ein Testament innerhalb von einem Jahr anzufechten, nachdem man vom (möglichen) Anfechtungsgrund erfahren hat. Da in manchen Fällen auf die Kenntnis des Erblassers abzustellen ist, kann die Frist im Einzelfall auch deutlich kürzer sein. 

Die Anfechtungserklärung muss innerhalb der Anfechtungsfrist beim zuständigen Nachlassgericht eingehen. Andernfalls ist die Anfechtung nicht mehr möglich. Sind seit dem Erbfall mehr als 30 Jahre vergangen, ist eine Testamentsanfechtung selbst dann ausgeschlossen, wenn man gerade erst von dem Anfechtungsgrund erfahren hat. 

Zuständig ist das Amtsgericht am letzten Wohnort der verstorbenen Person. Die Anfechtungserklärung muss entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts erklärt werden. Die Anfechtung muss erkennen lassen, welche letztwillige Verfügung angefochten wird und auf welche Gründe die Anfechtung konkret gestützt wird.

Kommt eine Anfechtung in Betracht, empfiehlt es sich, unverzüglich Rechtsrat einzuholen, um Fehler zu vermeiden, die später nicht mehr zu korrigieren sind.

Was kostet es, ein Testament anzufechten?

Die Gerichtsgebühr für die Entgegennahme der Anfechtungserklärung kostet lediglich EUR 15,00.

Die Kosten für das Erbscheinverfahren, das sich regelmäßig an die Anfechtung anschließt, bemessen sich allerdings nach dem Wert der Erbschaft. Insofern kann man hier keine allgemeingültige Aussage treffen.

Hinsichtlich der Anwaltskosten wird üblicherweise eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen. Allerdings sind Anwälte in gerichtlichen Verfahren verpflichtet, mindestens die gesetzlichen Gebühren abzurechnen. Diese hängen gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wiederum vom Wert der Erbschaft ab.


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Nicolai Utz


Nicolai Utz
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