Die nächste Welle zur Selbstanzeige beim Finanzamt ist absehbar!

Seit 2014 haben sich 100 Staaten im Rahmen des Automatischen Informationsaustausches (AIA) verpflichtet, Informationen von Kontoinhabern untereinander auszutauschen. Diese OECD-Maßnahme sorgt für mehr Transparenz beim internationalen Geldverkehr und brachte auch, wie am Beispiel mit der Schweiz gesehen, zahlreiche Fälle der Selbstanzeige beim Finanzamt.

Anfang Juli hat das Bundesfinanzministerium bekannt gegeben, welche weiteren Staaten sich nun am Austausch beteiligen. Erstmalig ist auch die Türkei dabei.

Angesichts dieser Entwicklung erklärt Dr. Andreas Hofner, Rechtsanwalt, Steuerberater und Vorstand der ACCONSIS in München, warum diese Erweiterung nicht ohne Folgen bleiben wird.

Selbstanzeige beim Finanzamt

Herr Dr. Hofner, ist die Türkei die neue Schweiz?

In Deutschland leben viele Menschen mit türkischen Wurzeln, die auch ein Konto in der Türkei besitzen. Wenn hierzulande der Abgleich der Daten erfolgt und sich zeigt, dass jemand ein Konto in der Türkei hatte und diese Einnahmen in seiner Steuer nicht angegeben worden sind, kann das als Steuerhinterziehung gewertet werden.

Deutsche Steuerfahnder könnten durch Einblicke in türkische Konten Schwarzgeldgeschäften im großen Stil auf die Schliche kommen. Unversteuerte Einnahmen, insbesondere aus „schwarzgeld-anfälligen“ Branchen wie z.B. dem Taxigewerbe, der Gastronomie oder der Bauwirtschaft könnten ans Tageslicht kommen. Steuersünder würden enorme Nachforderungen von den Finanzämtern drohen.

Wen betrifft der AIA zwischen der Türkei und der BRD?

Der Automatische Informationsaustausch betrifft alle Personen, die in der BRD ansässig und Inhaber eines Kontos in der Türkei sind. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall. Die Staatsangehörigkeit ist dabei unerheblich.

Wie viele Steuerpflichtige tatsächlich betroffen sind ist aus meiner Sicht schwer abzuschätzen. Aber wenn man weiß, dass die Zahl der türkischstämmigen Menschen in Deutschland an die drei Millionen geht, dann wird es sicher eine erhebliche Zahl sein, die von dieser Entwicklung betroffen sind.

Nur zur Erinnerung: Als Deutschland die Schweizer CDs kaufte, haben fast alle Bundesbürger mit Konto in der Schweiz eine Selbstanzeige beim Finanzamt getätigt. Die Behörden haben ja ein besonderes Augenmerk auf vermögende Privatpersonen.

Welche Informationen werden ausgetauscht?

Neben den zur Identifizierung des Kontoinhabers erforderlichen Informationen (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Steueridentifikationsnummer etc.) werden unter anderem

  • die Kontonummer
  • der Kontostand zum Ende des Kalenderjahres sowie
  • Kapitalerträge einschließlich Dividenden und
  • Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren

für das betreffende Kalenderjahr mitgeteilt.

Im Ergebnis soll der Empfängerstaat in die Lage versetzt werden, mit den übermittelten Informationen eine Besteuerung durchzuführen. Das kann Folgewirkungen haben: Etwa für Sachverhalte, die man gar nicht mehr in Erinnerung hat. Zum Beispiel wenn jemand in Deutschland in der Vergangenheit Insolvenz angemeldet hat. Dabei hat er angegeben, er verfüge über kein weiteres Vermögen. Dann kommt heraus: Er gibt noch ein Konto in der Türkei. Bei größeren Summen könnten Daten dann an die Staatsanwaltschaften geraten.

Und schon haben wir es mit einer Insolvenzstraftat zu tun, sofern die betreffenden Kapitalerträge der Besteuerung in Deutschland unterliegen und bisher noch nicht versteuert wurden. Da wird das zuständige Finanzamt eine Nachversteuerung für das Jahr 2019 durchführen. Das Finanzamt wird zudem erwarten, dass man mitteilt, woher das Kapitalvermögen stammt und gegebenenfalls entsprechende Schätzungen im Rahmen der Nachversteuerung für die Vorjahre durchführen.

Weiters besteht die Möglichkeit, dass ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird. Sofern die bekannten Kapitalerträge eine gewisse Größenordnung überschreiten, wird das Fahndungsfinanzamt oder die Staatsanwaltschaft eventuell Durchsuchungsmaßnahmen veranlassen, um Kontounterlagen oder andere Informationen aufzufinden.

Rechnen Sie also mit der nächsten Welle zur Selbstanzeige beim Finanzamt?

Sofern die genannten Informationen noch nicht übermittelt wurden, besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Selbstanzeige beim Finanzamt. Es müssen dann aber rückwirkend die Kapitalerträge für sämtliche Jahre (je nach Fallgestaltung) ab etwa 2008 vollständig aufgedeckt werden. Dabei gilt es zu prüfen, ob diese in Deutschland steuerpflichtig waren und bisher nicht versteuert wurden. Zudem müssen u.a. die im Rahmen der Nachversteuerung festgesetzten Steuern und Hinterziehungszinsen vollumfänglich entrichtet werden.

Fragen?

Rechtsanwalt, Steuerberater
Dr. Andreas Hofner

Service-Telefon
+ 49 89 547143
oder per E-Mail a.hofner@acconsis.de

Meine Empfehlung

Eine wirksame Selbstanzeige beim Finanzamt führt zu einem Strafverfolgungshindernis, d.h. man kann wegen der betreffenden Steuerhinterziehung nicht mehr bestraft werden.

Ob eine Selbstanzeige möglich ist, muss angesichts der komplexen gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall aber eingehend geprüft werden.

Nach Mitteilung der Informationen, d.h. ab dem 01.01.2021, hat eine Selbstanzeige wohl keine strafbefreiende Wirkung mehr. Also sollte man den Herbst nützen, um sich einen Überblick zu verschaffen und schnell handeln und mit unseren Experten Kontakt aufnehmen.

Bitte zögern Sie nicht sich mit mir in Verbindung zu setzen.
Ich stehe Ihnen gerne beratend zur Seite.

Zeitliche Umsetzung des Common Reporting Standard

Laut Liste der OECD, Status of Commitments,
Stand: 16.09.2020 soll der beabsichtigte Informationsaustausch bis spätestens September 2020 für folgende Länder erfolgen:

Anguilla, Argentinien, Belgien, Bermuda, Britische Jungferninseln, Bulgarien, Kaimaninseln, Kolumbien, Kroatien, Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Färöer-Inseln, Finnland, Frankreich, Deutschland, Gibraltar, Griechenland, Guernsey, Ungarn, Island, Indien, Irland, Isle of Man, Italien, Jersey, Korea, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mexiko, Montserrat, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Seychellen, Slowakische Republik, Slowenien, Südafrika, Spanien, Schweden, Turks- und Caicosinseln, Vereinigtes Königreich, Andorra, Antigua und Barbuda, Aruba, Australien, Österreich, Aserbaidschan, Bahamas, Bahrain, Barbados, Belize, Brasilien, Brunei Darussalam, Kanada, Chile, China, Cookinseln, Costa Rica, Curaçao, Dominica, Grönland, Grenada, Hongkong (China), Indonesien, Israel, Japan, Libanon, Macao (China), Malaysia, Marshall-Inseln, Mauritius, Monaco, Nauru, Neuseeland, Niue, Pakistan, Panama, Katar, Russland, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Samoa, Saudi-Arabien, Singapur, Sint Maarten, Schweiz, Trinidad und Tobago, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Uruguay, Vanuatu, Ghana, Kuwait, Kasachstan, Nigeria, Oman, Peru