Veräußerung von privaten Immobilien: was gilt es zu beachten?

Was sollten Sie bei Grundstücksveräußerungen im Privatvermögen einkommensteuerlich beachten? Ungünstig gewählte Konstellationen können auch in der Zukunft weitreichende Folgen für Sie haben.

Grundsätzlich unterliegt der Wertzuwachs von Grundstücken mit dem individuellen persönlichen Steuersatz der Einkommensteuer, sofern zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre liegen (Spekulationsfrist). Betrachtet werden dabei der Grund und Boden sowie die Gebäude. Aber auch grundstücksgleiche Rechte – wie z. B. das Erbbaurecht – können bei Veräußerung der Spekulationsbesteuerung unterliegen.

Ausnahme von der Besteuerung

Eine Ausnahme von der Besteuerung innerhalb des 10-Jahreszeitraums besteht für zu eigenen Wohnzwecken als Eigentümer genutzte Grundstücke. Nicht begünstigt sind allerdings unbebaute Grundstücke.

  • Im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung muss entweder eine ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorliegen (1. Alternative)
  • oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren muss eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgen (2. Alternative).

Bezüglich der 2. Alternative hat der Bundesfinanzhof bestimmt, dass eine zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken von einem Jahr und zwei Tagen ausreichend ist, wenn die Nutzung das gesamte mittlere Kalenderjahr sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag umfasst.

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor,

  • wenn der Eigentümer das Grundstück einem Kind, für das Anspruch auf Kindergeld oder steuerliche Kinderfreibeträge besteht, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat.
  • Oder wenn dem Eigentümer eine Zweitwohnung uneingeschränkt zur Verfügung steht – also insbesondere nicht vermietet wird.

Für die taggenaue Berechnung der 10-jährigen Spekulationsfrist ist das Datum der der Anschaffung bzw. Veräußerung zugrunde liegenden Verträge maßgebend, es sei denn, der Eigentumsübergang erfolgte ausnahmsweise vor Vertragsdatum. Die 10-jährige Haltefrist ist erst verstrichen, wenn die Haltedauer das Erwerbsdatum um einen Tag überschreitet. Da entsprechende Verträge notariell zu beurkunden sind, werden Anschaffungs- bzw. Veräußerungsdaten im Regelfall klar nachvollziehbar sein.

Erwerbe im Rahmen einer Erbschaft sowie unentgeltliche Schenkungen zu Lebzeiten

Voraussetzung für die Spekulationsbesteuerung ist eine Anschaffung und eine Veräußerung. Als Anschaffung / Veräußerung gilt dabei jeder entgeltliche Vorgang – auch Tauschvorgänge. Unentgeltliche Erwerbe dagegen zählen nicht zu den diesen Vorgängen. Daher führen

  • Erwerbe im Rahmen einer Erbschaft
  • sowie reine unentgeltliche Schenkungen zu Lebzeiten

zu keiner Anschaffung / Veräußerung. In diesen Fällen ist die Anschaffung des Erblassers oder Schenkers für die Haltefrist maßgebend.

Beispiel

Der Ehemann ist am 15.02.2023 verstorben. Alleinerbin ist die Ehefrau. Zum Nachlass gehörte auch ein vermietetes Grundstück, das der verstorbene Erblasser im Jahr 2011 gekauft hatte. Die Ehefrau verkauft das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 12.08.2023. Der Erwerb im Rahmen der Erbschaft zählt nicht als entgeltliche Anschaffung.

Da zwischen der entgeltlichen Anschaffung des Erblassers im Jahre 2011 und der Veräußerung im Jahre 2023 mehr als 10 Jahre liegen, ist kein privates Veräußerungsgeschäft zustande gekommen. Hätte der Erblasser das Grundstück dagegen erst im Jahr 2014 angeschafft, würde durch die Veräußerung der Ehefrau im Jahr 2023 ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegen.

Schenkungen zu Lebzeiten mit Gegenleistung

Bei Schenkungen zu Lebzeiten ist allerdings zu beachten, dass Gegenleistungen zu einer (Teil)Entgeltlichkeit führen können. Wird eine Gegenleistung (z. B. ein Geldbetrag oder auch die Übernahme von Schulden) vereinbart, liegt eine mindestens teilweise entgeltliche Anschaffung des Beschenkten und eine entsprechende Veräußerung des Schenkers vor.

Dies hat zur Folge, dass

  • der Schenker eine (anteilige) Wertsteigerung versteuern muss, sofern die 10-jährige Haltefrist nicht abgelaufen ist oder keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorlag, und
  • für den Beschenkten eine 10-Jahresfrist hinsichtlich der (anteiligen) Anschaffung beginnt.

Beispiel

Der Vater überträgt seinem Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten ein vermietetes Grundstück mit notariellem Vertrag vom 24.09.2023. Im Notarvertrag wurde geregelt, dass der Sohn auch die noch bestehenden Schulden übernimmt. Das Grundstück hatte der Vater im Jahr 2020 vollentgeltlich gekauft.

Die Übernahme der Schulden durch den Sohn wird als Entgelt gewertet, d.h. der Vater hat eine Veräußerung und der Sohn eine (teil)entgeltliche Anschaffung durchgeführt. Da zwischen der Anschaffung im Jahr 2020 und der Veräußerung im Jahr 2023 weniger als 10 Jahre liegen,

  • hat der Vater ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft ausgelöst. Die Höhe des steuerpflichtigen Anteils hängt von dem Verhältnis der übernommenen Schulden zum Wert der Immobilie zum Schenkungszeitpunkt ab.
  • Für den Sohn beginnt hinsichtlich des entgeltlich angeschafften Teils eine neue 10-Jahresfrist.

Hinweis: Wenn im Rahmen einer Grundstücksschenkung ein Vorbehaltsnießbrauch zu Gunsten des Schenkers vereinbart wird, stellt dies bezogen auf die Einkommensteuer keine Gegenleistung dar. Somit wird keine Anschaffung des Beschenkten und keine Veräußerung des Schenkers ausgelöst.

Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts

Liegt eine Anschaffung sowie Veräußerung von Grundstücken innerhalb der Haltefrist vor und erfolgte keine begünstigte Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, ist der Veräußerungsgewinn oder -verlust wie folgt zu ermitteln:

Veräußerungspreis
– Anschaffungs- / Herstellungskosten
+ geltend gemachte Abschreibungen
– Kosten im Zusammenhang mit der Veräußerung
= Veräußerungsgewinn bzw. -verlust

Ein Gewinn ist im Jahr des Zuflusses des Veräußerungspreises zu versteuern, sofern der Gewinn aus sämtlichen Veräußerungsgeschäften 600 € pro Kalenderjahr übersteigt. Bei zusammenveranlagten Ehegatten steht diese Freigrenze jedem Ehegatten gesondert zu. Verluste können nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden.

Fazit

In der Praxis wird oftmals bei Veräußerung bzw. Anschaffung von privaten Immobilien zwischen Angehörigen ungewollt eine oft nicht unerhebliche Spekulationsbesteuerung ausgelöst. Das Problem wird häufig erst nach der notariellen Beurkundung und damit zu spät erkannt. Neben den einkommensteuerlichen Problemstellungen sind auch weitere Bereiche wie z. B. die Grunderwerbsteuer oder Schenkungsteuer sorgfältig zu prüfen. Daher wird dringend eine rechtliche Beratung vor dem Gang zum Notar empfohlen.

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    Andreas Jovanic

    Andreas Jovanic
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