Bewertungsgesetz: Die geplanten gesetzlichen Änderungen ab 01. Januar 2023

Im Jahressteuergesetz 2022 ist die Änderung des Bewertungsgesetzes enthalten.

Inwieweit es zu einer Steuerentlastung im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer kommen wird, bleibt abzuwarten. Die geplanten Änderungen versprechen allerdings nichts Gutes und sollen bereits zum 01. Januar 2023 in Kraft treten.

Hintergrund ist die Änderung der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021. Nachdem das Bewertungsgesetz sich im Wesentlichen Regelungen der ImmoWertV bedient, waren aufgrund der Modellkonformität auch diese Regelungen anzupassen. Die Änderungen betreffen vor allem das Ertrags- und das Sachwertverfahren sowie auch die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Grundstücken auf fremdem Grund und Boden.

Was wird sich ab 01. Januar 2023 ändern?


Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Im Ertragswertverfahren wird die Regelung zum Ansatz der Bewirtschaftungskosten geändert (Anlage 23). Auf mögliche Erfahrungssätze der örtlichen Gutachterausschüsse wird nicht mehr verwiesen.
  • Für den Ansatz der Liegenschaftszinssätze verbleibt es, vorrangig die von den örtlichen Gutachterausschüssen mitgeteilten Liegenschaftszinssätze anzuwenden. Soweit solche nicht vorliegen, wurden die gesetzlichen Liegenschaftszinssätze geändert (§ 188 BewG):
    – 3,5 % statt 5 % für Mietwohngrundstücke,
    – 4,5 % statt 5,5 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 %.
    Auch die Liegenschaftszinssätze für gemischte genutzte Grundstücke mit einem Gewerblichen Anteil von mehr als 50 % wurden auf 5,0 % reduziert, für reine Geschäftsgrundstücke auf 6 %.
  • Aus diesem Grund wird zu erwarten sein, dass die Mehrfamilienhäuser in Gebieten, in denen der örtliche Gutachterausschuss bisher keine Liegenschaftszinssätze veröffentlicht hat, im Preis ansteigen werden – neben der auch dort erfolgten Erhöhung der Bodenrichtwerte.
  • Eine besonders empfindliche Anhebung der steuerlichen Bedarfswerte wird im Bereich des Sachwertverfahrens zu erwarten sein. Soweit für Eigentumswohnungen, Teileigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser keine Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren seitens der örtlichen Gutachterausschüsse mitgeteilt werden, sind diese Immobilien mit dem Sachwert zu bewerten. Nach Ermittlung der Bruttogrundfläche des Gebäudes ergab sich u.a. der Sachwert in der Multiplikation mit den Regelherstellungskosten sowie dem Alterswertminderungsfaktor. Die Neuregelung des § 190 Abs. 3 BewG sieht nun zusätzlich eine Anpassung des Sachwerts über den Regionalfaktor vor. Dabei sind auch hier die von den örtlichen Gutachterausschüssen mitgeteilten Regionalfaktoren anzusetzen. Liegen solche nicht vor, verbleibt es bei einem Regionalfaktor von 1,0. Der Regionalfaktor für München beträgt laut dem Immobilienmarktbericht München 2021 1,558. Auch hier muss also mit einer Steigerung der steuerlichen Bedarfswerte gerechnet werden.
  • Auch die Bewertung des Erbbaurechts war wegen der Änderungen der Regelungen der §§ 48 ImmoWertV anzupassen.


Meine Empfehlung?

Nach der umfangreichen Medien-Berichterstattung zu diesem Thema wie u.a. der Süddeutschen Zeitung, Omas Häuschen ist nur noch schwer zu halten, 14.11.2022 (€) ist meine Empfehlung im Nov. 2022 an Sie:

Die Bekanntmachung der neuen Regelungen des Bewertungsgesetzes durch das Jahressteuergesetz haben einen – wieder einmal – außerordentlichen Zulauf auf die Notariate bewirkt. Noch ist das Jahressteuergesetz nicht verabschiedet, es muss aber damit gerechnet werden, dass das Gesetz ab dem 01.01.2023 gilt.

Es ist richtig, dass die Werte vor allem der Ein- und Zweifamilienhäuser sowie des Wohn- und Teileigentums (jedoch nur solchen Wohn- und Teileigentums, für das mangels Vergleichspreisen das Sachwertverfahren anzuwenden ist) durch diese Änderungen enorm steigen können. In Wohnungseigentum (WEG) aufgeteilte Eigentumswohnungen in Gemeinden, für die der örtliche Gutachterausschuss Vergleichswerte ermittelt (wie dies beispielsweise in München der Fall ist), sind von der Änderung des Jahressteuergesetzes jedoch nicht betroffen, da in diesen Fällen das Vergleichswertverfahren zum Zuge kommt.

Für im Sachwertverfahren und im Ertragswertverfahren bewertete Immobilien muss jedoch ab dem 01.01.2023 mit höheren steuerlichen Werten gerechnet werden, auch wenn sich die Änderungen wahrscheinlich nicht ganz so dramatisch auswirken werden, wie dies aktuell in der Presse dargestellt wird. Denn zum einen gilt im Sachwertverfahren weiterhin vorrangig der vom Gutachterausschuss ermittelte Sachwertfaktor. Sofern der örtliche Gutachterausschuss Sachwertfaktoren ermittelt, kommen die gesetzlich neu festgelegten Sachwertfaktoren also nicht zum Zuge. Wir gehen davon aus, dass viele Gutachterausschüsse auf die Gesetzesänderung reagieren werden und verstärkt eigene Sachwertfaktoren ermitteln. Ob, in welchem Umfang und in welcher Höhe dies geschehen wird, kann allerdings nicht vorhergesagt werden.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass den im Jahressteuergesetz vorgesehenen Preiserhöhungen weiterhin durch die Beauftragung eines Sachverständigengutachtens entgegengetreten werden kann, um dem Finanzamt gegebenenfalls einen niedrigeren Wert nachzuweisen.

Zur aktuellen Situation ist anzumerken, dass –zumal das Gesetz noch nicht verabschiedet ist – eine seriöse Beratung zu konkreten Steuerfolgen für 2023 aktuell nicht möglich ist. Eine umfassende Beratung ist angesichts der Kürze der Zeit bis zum Jahresende auch schlicht nicht möglich. Ferner ist wichtig, dass eine Immobilienübergabe nicht allein steuerlich motiviert erfolgen sollte. Da es sich bei einer Immobilienübergabe um eine weitreichende Entscheidung mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken handelt, sollte eine solche Entscheidung nicht überstürzt, sondern stets nach reiflicher Überlegung getroffen werden.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass –sofern das Jahressteuergesetz wie geplant in Kraft tritt – ab dem 01.01.2023 mit höheren Immobilienwerten und somit grundsätzlich auch mit einer erhöhten Erbschaft- / Schenkungsteuer gerechnet werden muss. Bei überstürzten Handlungen ist dennoch äußerste Vorsicht geboten.

Aus den vorgenannten Gründen sehen wir uns in 2022 nicht mehr in der Lage, Immobilienüberlassungen verantwortungsvoll zu begleiten und steuerlich zu beraten. Da wir von mehreren Notariaten das Signal bekommen haben, dass in 2022 keine Termine mehr verfügbar sind, gilt dies leider auch für Angelegenheiten, in denen eine Immobilienüberlassung vor dem Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung auf den ersten Blick als steuergünstig erscheint.   

Wir können Ihnen daher nur anbieten, bei angedachten Immobilienüberlassungen einen Termin im Neuen Jahr zu vereinbaren. Da es erfahrungsgemäß auch zum Ende des kommenden Jahres aufgrund der zu erwartenden neuen Bodenrichtwerte zum 01.01.2024 zu einem große Andrang auf Notariate und Berater kommen wird, dürfen wir Sie bitten, Beratungstermine bei uns bereits im Januar auszumachen. Dann kann steueroptimiert und unter Berücksichtigung der Familiensituation eine vollumfängliche Beratung erfolgen.

Kommen Sie in diesem Thema auf uns zu, wir sind gerne ab Januar für Sie da.

Haben Sie Fragen dazu?

Agnes Fischl-Obermayer

Agnes Fischl-Obermayer
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Fachanwältin für Erbrecht
Geschäftsführerin der ACCONSIS

Service-Telefon
+49 89 547143
oder per E-Mail
a.fischl@acconsis.de

Mein Fazit?

Die soeben veröffentlichten Bodenrichtwerte zum 01.01.2022 haben enormen Einfluss auf die steuerliche Bewertung von Immobilien. Die voraussichtlichen Neuerungen sind den Änderungen der Wertermittlungsverordnung geschuldet und daher notwendig gewesen auch mit Hinblick auf die Modellkonformität. Aber auch diese Änderungen werden die steuerlichen Werte nicht unerheblich nach oben beeinflussen.

Es ist Zeit, dass die politisch Verantwortlichen erkennen, dass der Immobilienerhalt innerhalb der Familien bald nicht mehr möglich sein wird. Hat die Politik vor einigen Jahren noch an die eigene Absicherung der Altersversorgung appelliert, zeigt sie jetzt, dass sie die auch für die nachfolgenden Generationen aufgebaute Altersversorgung offenbar nicht unterstützen möchte. Auch der Erhalt der privaten Vermieter wird offenbar nicht für notwendig erachtet.