BFH-Urteil zur Übertragung von Anteilen an vermögensverwaltenden Familiengesellschaften im Privatvermögen  

Immobilienübertragungen innerhalb einer Familie werden – insbesondere bei größerem Immobilienbesitz – häufig im Zuge der Gründung einer vermögensverwaltenden Familiengesellschaft strukturiert.

Eine solche Familiengesellschaft hat den Vorteil, dass der Erhalt des Immobilienvermögens innerhalb der Familie über Generationen hinweg leichter gewährleistet ist, da in einem Gesellschaftsvertrag einer solchen Familiengesellschaft die Organisations- und Führungsstruktur bestimmt werden kann.  Die Rechtsform der Familiengesellschaft ist vornehmlich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft.

Zu einem wichtigen Aspekt – der Ermittlung von Anschaffungskosten bei Anteilsübertragung gibt es nun ein aktuelles BFH-Urteil.

Abschreibungen bei unentgeltlicher Übertragung von Gesellschaftsanteilen

Die Übertragung von Anteilen an einer solchen Gesellschaft ist mittels Abtretungsvertrag möglich, der keiner notariellen Beurkundung unterliegt. Eine schenkweise Übertragung solcher Anteile im Wege der Immobilienübergabe zu Lebzeiten wird auf der Ebene der Gesellschafter – auch wenn sie gegen Nießbrauch erfolgt – grundsätzlich als unentgeltlich qualifiziert. Dies hat zur Folge, dass bei der Einkommensermittlung der Vermietungseinkünfte die Abschreibungen beibehalten werden.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn sich im Vermögen der Gesellschaft Verbindlichkeiten befinden. Unerheblich ist, ob diese Verbindlichkeiten im Zuge des Erwerbs der Immobilie aufgenommen wurden oder später zu Instandhaltungszwecken oder energetischen Sanierungen begründet wurden.

Aktuelles BFH-Urteil zur Ermittlung von Anschaffungskosten bei Anteilsübertragung

Entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 03.05.2022 (Az.IX R 22/19) muss der eintretende Gesellschafter (vermutlich auch derjenige, der seine Beteiligung erhöht) seine individuellen Anschaffungskosten ermitteln und auf die Restnutzungsdauer der „erworbenen Wirtschaftsgüter“ verteilen.

Dies bedeutet bei Immobilien im Vermögen der Gesellschaft, dass bei Vorliegen von Anschaffungskosten eine neuerliche Aufteilung in Grund und Boden und Gebäude geboten ist.

Pikant im vorliegenden Urteil sind die Ausführungen, dass Verbindlichkeiten der Gesellschaft die Anschaffungskosten des Gesellschafters für die Beteiligung erhöhen. Dies würde bei einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen bedeuten, dass die mittelbar übernommenen Verbindlichkeiten innerhalb der Gesellschaft zu Anschaffungskosten führen.

Begründung und unsere Einschätzung

Begründet wird diese Auffassung des Bundesfinanzhofes einerseits mit der persönlichen Haftung des die Beteiligung erwerbenden Gesellschafters. Diese Argumentation dürfte beim Kommanditisten in die Leere laufen, da er keine persönliche Haftung für Gesellschafterschulden hat. An anderer Stelle in der Urteilsbegründung wird auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt. Der eintretende Gesellschafter würde wirtschaftlich die Schulden der Gesellschaft mitfinanzieren.

Dieser Argumentation kann insoweit gefolgt werden, als die Tilgung der Schulden zu Lasten der Ausschüttung gehen. Inwieweit dieses Urteil auch auf Kommanditisten Anwendung findet, bleibt abzuwarten, zumal der Bundesfinanzhof aus Verfahrensmängeln das Verfahren wieder an das Finanzgericht zurückgewiesen hat. 

Meine Empfehlung

Gerade im Bereich der Besteuerung vermögensverwaltender Personengesellschaften ist die Rechtsprechung derzeit im Fluss.

Ein besonderes Augenmerk ist hier auf die weitere Entwicklung zu legen, da sowohl bestehende Strukturen als auch Neugründungen betroffen sein können. Kommen Sie gerne auf uns zu.

Ihre ACCONSIS Ansprechpartnerin

Neele Schröder

Neele Schröder

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht


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