Häufig muss im Rahmen einer Scheidung eine Immobilie im Ganzen verkauft werden oder ein Ex-Ehepartner verkauft an den anderen Ex-Ehepartner seinen Miteigentumsanteil. Das Problem: wird eine Immobilie im Privatvermögen innerhalb der sog. Haltefrist verkauft, sind darauf eventuell Steuern zu zahlen, weil es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft handeln kann.
Aber ist das auch der Fall, wenn ein Ex-Ehepartner dem anderen seinen Miteigentumsanteil an der bisherigen Familienimmobilie verkauft? Mit einem solchen Fall hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) nun erstmalig in einer aktuellen Entscheidung befasst (BFH, Urt. v. 14.02.2023, Az.: IX R 11/21).
Immobilienverkauf innerhalb der Haltefrist: steuerpflichtig!
Kauft man privat eine Immobilie, geht man in aller Regel davon aus, dass man z.B. diese Familienimmobilie oder das private Immobilieninvestment nicht innerhalb der darauffolgenden 10 Jahre verkaufen wird.
Ist das aber doch der Fall, interessiert das das Finanzamt: denn kauft und verkauft man eine Immobilie im Privatvermögen innerhalb von 10 Jahren (sog. Haltefrist) nach dem Erwerb der Immobilie, ist das – steuerrechtlich betrachtet – ein privates Veräußerungsgeschäft. Einkünfte aus dem Immobilienverkauf sind deswegen als „sonstige Einkünfte“ gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) einkommensteuerpflichtig.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Immobilie zwischen dem Zeitpunkt des Kaufes und des Verkaufes ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Nach Rechtsprechung des BFH reicht es dabei aus, dass die Immobilie auch von der Person bewohnt wird, die dann die Immobilie verkauft hat. Darauf, ob andere Personen auch in der Immobilie gewohnt haben, kommt es dann nicht an.
Fall vor dem BFH: Verkauf des Miteigentumsanteils an Ex-Ehepartner
Vor Gericht landete der Fall zweier Ex-Eheleute. Diese hatten 2008 gemeinsam ein Einfamilienhaus gekauft und waren zu gleichen Teilen Miteigentümer der Immobilie. Nach dem Kauf bewohnte das Ehepaar die Immobilie, bis es 2015 zur Trennung und zum Auszug des Ehemanns kam – Ehefrau und das gemeinsame Kind lebten nach der Trennung weiterhin im „gemeinsamen“ Haus.
Im Rahmen der Scheidung blieb Streit über die Immobilie nicht aus und erst nachdem die Frau mit der Zwangsversteigerung der Immobilie drohte, verkaufte er ihr seinen Anteil an der Immobilie. In seiner Steuererklärung 2017 führte der Mann den Erlös aus dem Verkauf seines Miteigentumsanteils an seine Ex-Ehefrau an – allerdings als steuerfrei.
Die Einordnung als „steuerfrei“ beurteilte das zuständige Finanzamt anders und stufte den Veräußerungsgewinn als steuerpflichtig ein. Einverstanden war der Mann damit nicht. Seine Begründung: das Haus werde inzwischen vom gemeinsamen Sohn der Ex-Eheleute genutzt – auch das würde zu einer Steuerfreiheit führen. Der Einspruch gegen den Steuerbescheid blieb allerdings erfolglos.
Urteil BFH zum privaten Veräußerungsgeschäft bei Miteigentumsanteil
Und auch vor dem BFH scheiterte der Ehemann mit seiner Auffassung. Es fehle schlichtweg an der eigenen Nutzung des Hauses durch ihn, so das Gericht. Der Mann sei 2015 endgültig aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen. Eine Eigennutzung durch ihn lag also nicht vor. Dass die Ex-Frau mit dem minderjährigen Kind seitdem das Haus bewohnt, ist nach Auffassung des BFH keine Eigennutzung, die eine Steuerpflicht entfallen lassen würde.
Diese Regel würde auch gelten, wenn es um den Verkauf eines Miteigentumsanteil an einer Immobilie unter den Ex-Ehepartnern im Rahmen einer Scheidung geht. Ohne Eigennutzung durch den verkaufenden Ex-Ehemann ist der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Miteigentumsanteils am Haus an die Ex-Ehefrau deswegen steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG.
Nur wenn eine Zwangslage vorgelegen hätte, die den Mann zum Verkauf seines Miteigentumsanteil gezwungen hätte, könnte das anders zu beurteilen sein – z.B. im Falle einer Zwangsversteigerung. Allein die Drohung mit einer Zwangsversteigerung reiche für eine solche Zwangslage allerdings noch nicht aus.
Verkauf der Scheidungsimmobilie während Haltefrist kann steuerpflichtig sein
Über den Verkauf von Miteigentumsanteilen unter Ex-Eheleuten im Zusammenhang mit einer Scheidung hatte der BFH bisher noch nicht entschieden. Mit dem aktuellen Urteil hat er nun dazu eine grundlegende Entscheidung getroffen: auch wenn der Miteigentumsanteil an einer Immobilie im Rahmen einer Scheidung mehr oder minder freiwillig verkauft wird, kommt es für die Frage der Einkommensteuerpflichtigkeit des Verkaufs allein darauf an, ob die verkaufte Immobilie vom Verkäufer noch selbst benutzt wird.
Insofern gilt es bei einer Trennung und einem Auszug aus dem Familienheim auch in steuerlicher Hinsicht einiges zu beachten, wenn der Verkauf der Immobilie im Zusammenhang mit der Scheidung früher oder später unausweichlich wird.
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Andreas Jovanic
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