Pflichtteil einklagen – das sollte man wissen

Den Pflichtteil einzuklagen, ist nach einer Enterbung oft notwendig, wenn Erben den Pflichtteilsanspruch nicht erfüllen oder einen zu geringen Anteil am Wert des Nachlasses ausbezahlen wollen.  

Aber wer hat Anspruch auf den Pflichtteil? Wer kann den Pflichtteil einklagen? Und wie funktioniert diese Klage dann? Antworten auf diese und andere Fragen geben wir in diesem Beitrag!  

Wann ist man „enterbt“?

Grundsätzlich gilt: Nur wer enterbt wurde, hat Anspruch auf den „Pflichtteil“.

Enterbt werden kann nur ein gesetzlicher Erbe: Wird ein gesetzlicher Erbe/eine gesetzliche Erbin vom Erblasser z. B. im Testament als Erbe ausgeschlossen, ist er enterbt.

Wichtig! Wer nicht gesetzlicher Erbe ist und in einem Testament als Erbe benannt wurde, in einem späteren Testament aber nicht mehr, wurde nicht „enterbt“. 

Eine Enterbung muss allerdings nicht ausdrücklich formuliert werden. Es muss sich im Testament also kein Satz finden wie z. B.: „Hiermit enterbe ich meinen Sohn/meine Ehefrau.“ Es reicht, dass der Erblasser nur andere Personen ausdrücklich als Erben benennt.

Beispiel: Setzt ein Mann seine Kinder im Testament als seine Erben ein und lässt seine Ehefrau unerwähnt, ist die Ehefrau durch diese letztwillige Verfügung des Ehemanns grundsätzlich enterbt. Nach dem Gesetz wäre die Ehefrau neben den Kindern gesetzliche Erbin. Das Testament hebelt die gesetzliche Erbfolge aber aus, die Kinder erben alleine.  

Im Einzelfall kann auch eine teilweise Enterbung ausreichend sein. Denn pflichtteilsrechtliche Ansprüche kommen immer dann in Betracht, wenn eine gesetzlich erbberechtigte Person wertmäßig weniger erhält als die Hälfte des Wertes seiner gesetzlichen Erbquote.

Wer kann den Pflichtteil einklagen?

Der Kreis der Personen, die den Pflichtteil verlangen können, ist auf die Pflichtteilsberechtigten begrenzt. Wer Anspruch auf den Pflichtteil hat und den Pflichtteil damit im Zweifel einklagen kann, ist in § 2303 BGB geregelt:

„Abkömmlinge“ sind Pflichtteilsberechtigte – also Kinder, Enkel und Urenkel der verstorbenen Person. Aber auch Eltern und der Ehegatte können einen Pflichtteilsanspruch haben und ihn einklagen.

Was ist der Pflichtteil und wie hoch ist der Pflichtteil(sanspruch)?

Der „Pflichtteil“ ist ein Pflichtteilsanspruch. Dieser Anspruch ist das Recht der enterbten Person, von den Erben einen bestimmten Betrag zu verlangen. Der Anspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch. Die Höhe der Zahlung richtet sich grundsätzlich nach der Pflichtteilsquote (= Hälfte der gesetzlichen Erbquote) und dem Wert des Nachlasses.

Beispiel: Hätte die Ehefrau im Beispiel oben als gesetzliche Erbin 500.000 Euro geerbt, hat sie nun stattdessen einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 250.000 Euro.

Diesen Pflichtteilsanspruch können die enterbten Personen gegenüber den Erben bzw. der Erbengemeinschaft geltend machen. Sie können die Erben also auffordern, den Pflichtteil auszubezahlen.

Wichtig: Bestimmte Gegenstände aus der Erbschaft, z. B. Schmuck oder Erinnerungsstücke, sind nicht Teil des Pflichtteils. Er kann nur Zahlung verlangt werden.

Wann kann man den Pflichtteil einklagen?

Den Pflichtteil einzuklagen, kommt im Wesentlichen in zwei Konstellationen in Frage:

  1. Die Erben bezahlen gar nicht.
  2. Die Erben zahlen einen zu geringen Anteil an der Erbschaft aus.

Auch wenn die Erben grundsätzlich etwas auf den Pflichtteilsanspruch bezahlen, ist es also möglich, den Pflichtteil einzuklagen, z. B. weil der Wert des Erbes falsch berechnet wurde und die Erben deswegen zu wenig ausbezahlt haben.

Wie klagt man den Pflichtteil ein?

Eine Klage auf Zahlung des Pflichtteils kann unterschiedlich aussehen. Was genau eingeklagt wird, hängt von der konkreten Situation ab.

Grundsätzlich haben Pflichtteilsberechtigte unterschiedliche Ansprüche:

  • Auskunftsanspruch bzw. einen Anspruch auf Wertermittlung in Bezug auf den Nachlass oder
  • Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils in einer konkret bezifferten Höhe.

Ist der Nachlass sehr übersichtlich (z. B. nur ein Bankkonto) und ist der Wert des Nachlasses leicht zu ermitteln, kann man oft direkt auf Zahlung klagen.  

Ist der Nachlass komplex bzw. der Wert des Nachlasses unklar, ist eine „Stufenklage“ sinnvoll: Hierbei klagt man zunächst vorrangig auf Auskunft bzw. Wertermittlung. Erst wenn Auskunft und Wertermittlung des Nachlasses erfolgt sind, muss der Pflichtteilsanspruch in der Klage genau beziffert werden.

Wichtig: Die Erben müssen korrekt und vollständig Auskunft geben. Hat man Anhaltspunkte, dass das Bestandsverzeichnis (Nachlassverzeichnis) falsch oder unvollständig ist, ist es möglich, einen Antrag zu stellen, dass die Erben die erteilten Auskünfte an Eides statt versichern müssen.

Was kostet es, den Pflichtteil einzuklagen?

Hier kommt es auf den Wert des Pflichtteils an. Denn die Gerichts- und Anwaltskosten für eine Klage „auf den Pflichtteil“ richten sich nach gesetzlichen Gebührentabellen (Gerichtskostengesetz, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) und sind abhängig vom Wert des Pflichtteils. Hinsichtlich der Anwaltskosten ist es üblich, vorab eine Vergütungsvereinbarung zu schließen.

Grundsätzlich muss man als Pflichtteilsberechtigter die Kosten für die Klage selbst tragen. Werden die Erben dazu verurteilt, den Pflichtteil zu bezahlen, müssen sie auch die Kosten des Pflichtteilsberechtigten ganz bzw. zumindest teilweise tragen.


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Nicolai Utz


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