Anzeigepflicht bei Schenkungen und Erwerben von Todes wegen

Ist Ihnen bekannt, dass eine Anzeigepflicht bei Schenkungen und Erwerben von Todes wegen gemäß § 30 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) besteht?

Diese Anzeigepflicht ist ein wesentlicher Aspekt bei der steuerlichen Abwicklung von Erbfällen und Schenkungen und muss innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgen. Eine Verletzung der Anzeigepflicht oder ein Überschreiten der Frist kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Ferner führt die Unterlassung häufig zumindest zu mehr Aufwand und erhöhten Kosten. Sie sollten daher der Anzeigepflicht fristgemäß nachkommen.

Warum gibt es eine Anzeigepflicht?

Sie müssen eine umfassende Erbschaftsteuererklärung oder Schenkungsteuererklärung nur nach Aufforderung des Finanzamtes abgeben. Damit das Finanzamt allerdings weiß, ob es eine Steuererklärung anfordern muss oder nicht, existiert die Pflicht, dem Finanzamt Erbschafts-/Schenkungsvorgänge selbstständig und ohne vorherige Aufforderung anzuzeigen.

Durch die Anzeige erhält das Finanzamt eine erste grobe Vorstellung von den besteuerungsrelevanten Tatsachen und kann auf dieser Basis einschätzen, ob sich eine Steuerpflicht ergibt oder eher nicht. Falls eine Steuerpflicht wahrscheinlich ist, wird das Finanzamt eine Erbschaft-/Schenkungsteuererklärung anfordern.

Welche Vorgänge müssen Sie anzeigen?

Gemäß § 30 ErbStG sind grundsätzlich alle Vorgänge (steuerpflichtige und nicht-steuerpflichtige), die der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegen, dem Finanzamt anzuzeigen, z.B.:

  • jede Schenkung oder jeder Erwerb, der mit einer Erbschaft zusammenhängt,
  • jeder geltend gemachte Pflichtteil eines enterbten Pflichtteilsberechtigten,
  • sogenannte „gemischten Schenkungen“, wenn also einer Vermögensmehrung keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht, z.B. Verkauf einer Immobilie an einen Angehörigen unter Wert.

Wer ist zur Anzeige verpflichtet?

  • Bei Erbschaft: der Erwerber, d.h. die Person, die den Vermögensvorteil erhält.
  • Bei Erbschaft mit mehreren Erben: die Anzeige kann auch gemeinschaftlich erfolgen.
  • Bei Schenkungen: der Erwerber und der Schenker. Schenker und Beschenkter sollten sich daher abstimmen, wer die Anzeige vornimmt.

An welche Stelle muss die Anzeige erfolgen?

Wichtig ist, dass die Anzeige gegenüber dem örtlich und sachlich zuständigen Finanzamt erfolgt. Im Hinblick auf die sachliche Zuständigkeit muss die Anzeige gegenüber der „Erbschaft- und Schenkungsteuerstelle“ des örtlich zuständigen Finanzamtes erfolgen.

Achtung
Im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit ist zu beachten, dass es für die Erbschaft- und Schenkungsteuer Spezialzuständigkeiten gibt. So ist beispielsweise das Finanzamt Kaufbeuren für Erbschaften / Schenkungen im Raum München zuständig. Das für die Einkommensteuer zuständige Wohnsitzfinanzamt ist somit häufig der falsche Adressat. Eine Meldung an das Einkommensteuerfinanzamt ist also nicht ausreichend.

Was soll die Anzeige enthalten?

Die Anzeige soll die relevanten Eckdaten des Erwerbs enthalten. Auf der Homepage der bayerischen Finanzämter kann ein entsprechender Vordruck heruntergeladen werden. Zum Inhalt der Anzeige gehören beispielsweise

  • Name, Adresse und Steueridentifikationsnummer der Beteiligten,
  • das Verwandtschaftsverhältnis,
  • der Todestag bzw. der Zeitpunkt der Schenkung,
  • der Rechtsgrund (z.B. Erbe / Schenkung / Vermächtnis),
  • Gegenstand und ungefährer Wert des Erwerbs und
  • Angaben zu etwaigen früheren Erwerben, da diese für die Beurteilung, ob voraussichtlich Steuer anfällt oder nicht, sehr relevant sein können.

Sofern es sich nicht um einen klar bezifferbaren Wert (Geldschenkung) handelt, muss noch keine detaillierte Bewertung der betroffenen Vermögensgegenstände (z.B. Immobilie) erfolgen. Jedoch sollten Sie wertbildende Faktoren, die Aufschluss über den Wert geben – soweit bekannt – angeben. Andernfalls ist dem Finanzamt keine sinnvolle Einschätzung möglich, sodass im Zweifel eine umfassende Steuererklärung angefordert wird.

Achtung
Die in der Anzeige gemachten Angaben müssen richtig sein, da falsche Angaben – ebenso wie eine unterlassene Anzeige – eine Steuerhinterziehung darstellen können.

Wann können Sie von einer Anzeige absehen?

Es gibt bestimmte Fälle, in denen von einer Anzeige abgesehen werden kann:

  • Falls bereits eine Anzeige des Erwerbs von anderer Seite erfolgt ist.
  • Wenn die Schenkung von einem Notar beurkundet und an das Finanzamt gemeldet worden ist. Sie sollten jedoch selbst prüfen, ob eine Meldung an das „Finanzamt – Schenkungsteuerstelle“ erfolgt. Dies ist in der Regel aus dem Vertrag ersichtlich.
  • Eventuell, wenn der Erwerb auf einem Testament beruht, das vom Nachlassgericht „eröffnet“ worden ist. Aber da es zahlreiche Rückausnahmen gibt (z.B. wenn eine Immobilie zum Erwerb gehört), besteht dennoch häufig eine Anzeigepflicht.

Hinweis
Grundsätzlich gilt: Ehe man eine Anzeige unterlässt, sollte man sichergehen, dass die Anzeigepflicht tatsächlich nicht besteht.

Vorsicht bei nachträglicher Überschreitung der Freibeträge

Die Anzeigepflicht besteht grundsätzlich selbst dann, wenn keine Steuer anfällt, weil die Freibeträge unterschritten sind oder der Erwerb aus sonstigen Gründen keine Steuer auslöst. Wird in solchen Fällen die Anzeige unterlassen, ist dies jedoch in der Regel irrelevant, weil ohnehin keine Steuer anfällt. Sie sollten aber sicher sein, dass der Vorgang keine Erbschaft-/Schenkungsteuer auslöst.

Achtung
Bei Vorerwerben innerhalb der letzten zehn Jahre muss man genau aufpassen, da Erwerbe innerhalb von zehn Jahren bei der Besteuerung zusammengerechnet werden. Auch wenn die letzte Schenkung den Freibetrag (deutlich) unterschreitet, kann es also sein, dass eine Anzeigepflicht besteht, weil der Freibetrag in der Summe mehrerer (Vor-)Schenkungen überschritten worden ist.   

Bis wann muss die Anzeige erfolgen?

Die Anzeige muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntniserlangung über den Erwerb erfolgen. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten, da das Finanzamt andernfalls eine (versuchte) Steuerverkürzung / Steuerhinterziehung unterstellen könnte.
Ab wann von einer Kenntniserlangung auszugehen ist, ist nicht immer ganz eindeutig.

  • Bei einer Erbfolge ohne Testament, liegt Kenntnis grundsätzlich vor, wenn man vom Tod und den Grundzügen der Verwandtschaftsverhältnisse Kenntnis hat.
  • Bei testamentarischer Erbfolge liegt Kenntnis in der Regel erst dann vor, wenn das Testament vom Nachlassgericht eröffnet worden ist.
  • Bei einer Schenkung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung für den Fristbeginn maßgeblich.

Hinweis
In der Praxis sollte man als Laie für den Fristbeginn zunächst vom frühestmöglichen Kenntniszeitpunkt ausgehen. Wenn man hiervon abweichen will, sollten Beginn bzw. Ende der Frist von einem Fachmann geprüft werden, anstatt ein Überschreiten der Frist zu riskieren.

Welche Konsequenzen drohen Ihnen bei Verletzung der Anzeigepflicht?

Eine Verletzung der Anzeigepflicht kann eine Steuerstraftat darstellen, wenn dadurch das Finanzamt eine angefallene Erbschaft- / Schenkungsteuer nicht festsetzen kann. Die Anzeigepflicht sollten Sie keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Denn hier gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Man kann sich also nicht immer darauf berufen, dass das Verletzen der Anzeigepflicht ein bloßes Versehen gewesen ist.

Die konkreten Folgen einer Verletzung der Anzeigepflicht können verschieden sein. Es ist möglich, dass das Finanzamt einen Verstoß überhaupt nicht sanktioniert. Allerdings sind auch Maßnahmen wie Hinterziehungszinsen, Zwangsgelder oder Strafzuschläge möglich. Bei verwirklichten Steuerstraftaten stehen außerdem Geld- oder (in Extremfällen) sogar Haftstrafen im Raum.  

Was müssen Sie tun, wenn die Anzeige trotz Steuerpflicht unterblieben ist?

Wurde die Anzeige unterlassen bzw. die Frist überschritten, obwohl eine Steuer ausgelöst wurde, sollten Sie genau abwägen, wie Sie weiter vorgehen.

  • Die Anzeige nachreichen. Dies kann jedoch gefährlich sein, weil das Finanzamt bereits aufgrund der Fristüberschreitung ein Steuervergehen unterstellen kann.
  • Eine sogenannte „Selbstanzeige“ erstatten. Dies hat aber nur dann strafbefreiende Wirkung, wenn das Finanzamt durch die „Selbstanzeige“ erstmals und vollumfänglich Kenntnis von allen für die Steuerfestsetzung relevanten Tatsachen erlangt.

Aufgrund der möglichen schwerwiegenden Folgen sollten Sie sich bei einer Verletzung der Anzeigepflicht nach § 30 ErbStG unverzüglich von einem Fachmann beraten lassen, insbesondere wenn die Abgabe einer „Selbstanzeige“ in Betracht kommt. Da die Erstellung einer „Selbstanzeige“ deutlich aufwendiger sowie sehr kostenintensiv ist und trotz „Selbstanzeige“ zumindest ein Strafzuschlag festgesetzt werden kann, ist dringend anzuraten, der einfachen Anzeigepflicht innerhalb der Dreimonatsfrist ordnungsgemäß nachzukommen. Hierdurch kann man sich unnötige Kosten, Mühen und Sorgen ersparen. 

Fazit

Eine Verletzung der Anzeigepflicht nach § 30 ErbStG kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Auch wenn die Anzeige tatsächlich aus Versehen oder Fahrlässigkeit unterbleibt, ist dies für Sie meistens zumindest mit Ärger, Kosten und erhöhtem Aufwand verbunden. Denn dann sollte diese Anzeige nicht einfach nachgeholt werden, sondern von einem Fachmann geprüft werden, was in der konkreten Situation die sicherste Vorgehensweise ist. So weit sollten Sie es gar nicht erst kommen lassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Lieber drei nicht erforderliche Anzeigen nach § 30 ErbStG zu viel abgeben als eine erforderliche Anzeige zu wenig. Denn die Abgabe einer Anzeige nach § 30 ErbStG ist keine große Sache, die Folgen einer unterbliebenen Anzeige zu beseitigen jedoch häufig sehr wohl.   

Meine Empfehlung

Die Ausführungen in diesem Beitrag stellen eine erste Information dar, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell war. Die Rechtslage kann sich seither geändert haben, daher empfehle ich: lassen Sie uns einfach ein persönliches Gespräch zu Ihrem konkreten Sachverhalt führen.

Ich freue mich über Ihre Nachricht und unterstütze Sie sehr gerne.

Ihr ACCONSIS Ansprechpartner

Nicolai Utz


Nicolai Utz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
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