Datenschutz ist kein Tatenschutz! Kein Verwertungsverbot bei offener Videoüberwachung: Ein aktuelles Arbeitsrechtsurteil klärt auf!

Auch wenn eine Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig unter Berücksichtigung der Vorgaben des Datenschutzrechtes erfolgte, besteht in einem Kündigungsschutzprozess grundsätzlich kein Verwertungsverbot bezüglich der aus einer offenen Videoüberwachung gewonnenen Aufzeichnungen. Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über die Details und die rechtlichen Auswirkungen dieses Urteils.

Der Fall im Detail

Im zugrundeliegenden Fall war der Kläger bei der Beklagten als Teamsprecher in der Gießerei beschäftigt. Am 2. Juni 2018 betrat der Kläger zunächst das Werksgelände. Aufgrund eines anonymen Hinweises erfolgte eine Auswertung der Aufzeichnungen einer durch ein Piktogramm ausgewiesenen und auch sonst gut sichtbaren Videokamera an einem Tor zum Werksgelände. Die Auswertung ergab, dass der Kläger das Werksgelände noch vor Schichtbeginn wieder verlassen hatte. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.

Der Rechtsstreit

Der Kläger ging gegen diese Kündigung vor und legte Kündigungsschutzklage ein. Er behauptete unter anderem, dass er am 2. Juni 2018 gearbeitet habe und die Erkenntnisse aus der Videoüberwachung einem Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot unterlägen und daher im Kündigungsschutzprozess nicht berücksichtigt werden dürften. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben der Kündigungsschutzklage statt.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah dies anders und verwies die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück. Dieses müsse gegebenenfalls die betreffende Bildsequenz aus der Videoüberwachung am Tor zum Werksgelände in Augenschein nehmen, selbst wenn die Überwachung nicht in jeder Hinsicht den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprach. Dies soll nach Auffassung des BAG jedenfalls dann gelten, wenn die Datenerhebung wie hier offen erfolgt und vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht.

FAZIT

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts schafft Klarheit: Offene Videoüberwachung kann auch dann als Beweis im Kündigungsschutzprozess herangezogen werden, wenn sie nicht vollständig den Datenschutzvorgaben entspricht, solange sie offen erfolgt und ein vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers zur Diskussion steht.

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Ihr Christian Seidel

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Christian Seidel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Prokurist der Acconsis GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft


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