Kindergeld hinterzogen? Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung kann die Folge sein!

Unter bestimmten Voraussetzungen haben Eltern in Deutschland Anspruch auf Kindergeld. Der Anspruch auf Kindergeld beträgt sei dem 01.01.2023 einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind und wird von der Familienkasse an die Eltern ausbezahlt. So weit, so gut.

Bezahlt die Familienkasse aber Kindergeld aus, obwohl Eltern keinen Anspruch (mehr) darauf haben, kann das unangenehme rechtliche Folgen haben. Wer unberechtigt Kindergeld bezieht, kann sich wegen Kindergeldhinterziehung als Form der Steuerhinterziehung strafbar machen.

Wann eine Strafanzeige wegen der Hinterziehung von Kindergeld wegen unberechtigtem Bezug von Kindergeld droht, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wer hat Anspruch auf Kindergeld?

Anspruch auf Kindergeld haben grundsätzlich die Eltern, nicht die Kinder selbst – auch wenn die Eltern das Kindergeld „für ihre Kinder“ erhalten. Das ist im Einkommensteuergesetz so geregelt.

Für welche Kinder erhalten Eltern bzw. Erwachsene aber genau Kindergeld?

Jedenfalls ist das Kindergeld grundsätzlich nicht an die Abstammung gebunden. Maßgeblich ist, dass das Kind in einem Haushalt regelmäßig versorgt wird und mit im Haushalt lebt. So können Erwachsene Kindergeld für leibliche Kinder und Pflegekinder erhalten, aber auch für Stiefkinder – oder Großeltern unter bestimmten Voraussetzungen für im Haushalt aufgenommene Enkelkinder.

Voraussetzung ist u.a. allerdings, dass es sich um ein Kind handelt, das

  • noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet oder
  • eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, älter als 18 aber noch nicht 21 Jahre alt und arbeitslos ist
  • das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und noch in Ausbildung (Schule, Berufsausbildung, Studium etc.) ist.

Wichtig! Für Kinder mit einer Behinderung können Erwachsene auch über das 25. Lebensjahr hinaus einen Anspruch auf Kindergeld haben. 

Außerdem muss die Person, die Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz beansprucht, in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein und: das Kind muss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, der EU oder einem EWR-Staat haben. Letzteres kann vor allem bei einem längeren Auslandsstudium von Bedeutung sein.

Achtung! Auch wenn eine Person nicht den Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz denkbar.


„Unberechtigter Bezug“ von Kindergeld: Wann ist das der Fall?

Aber wann liegt dann ein Fall von unberechtigtem Bezug von Kindergeld vor? Wann droht also ein Ermittlungsverfahren wegen Kindergeldhinterziehung?

Grundsätzlich drohen rechtliche Konsequenzen, wenn kein Anspruch mehr auf Kindergeld besteht, und die Person, die bisher Kindergeld erhalten hat, der Familienkasse nicht (rechtzeitig) mitteilt, dass sich die Situation so verändert hat, dass kein Anspruch mehr besteht.

In einem solchen Fall handelt es sich um einen sog. unberechtigten Bezug von Kindergeld.

Wann kann das der Fall sein? Wer Kindergeld bezieht, muss der Familienkasse u.a. mitteilen, wenn das Kind, für das Kindergeld bezogen wird,

  • die Berufsausbildung bzw. das Studium abbricht und zu arbeiten beginnt
  • seinen Wohnort gewechselt hat (z.B. zum anderen Elternteil gezogen ist)
  • im Zuge der Ausbildung für längere Zeit ins Ausland in einen Nicht-EU oder Nicht-EWR-Staat geht


Umzug im Inland – Strafanzeige wegen Kindergeld-Hinterziehung möglich!

Schon ein Wohnsitzwechsel in Deutschland kann die Familienkasse auf den Plan rufen. Bezugsberechtigte müssen die Familienkasse über eine Um- oder Abmeldung des Kindes informieren – die bloße Abmeldung beim Einwohnermeldeamt genügt nicht!

Vor allem eine Situation kann hier zu Problemen führen: ein Kind zieht bzw. Kinder ziehen nach einer Trennung der Eltern zu dem Elternteil, der bisher nicht das Kindergeld ausgezahlt bekam. In dieser Situation wäre der bisherige kindergeldbeziehende Elternteil verpflichtet, die Familienkasse über diesen Umzug zu informieren. Denn ab dem Auszug hat dieser Elternteil jedenfalls keinen Anspruch mehr auf Kindergeld.  


Umzug ins Ausland als Risiko für Steuerhinterziehung beim Kindergeld

Auch ein Umzug ins Ausland birgt das Risiko „Kindergeldhinterziehung“. Zieht die gesamte Familie ins Ausland um, sind die Eltern deswegen nicht mehr in Deutschland steuerpflichtig, entfällt in der Regel der Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz.

Wird dann dennoch weiter Kindergeld bezogen und der Umzug nicht gemeldet, kann das eine Strafbarkeit wegen Unterlassen begründen. Denn auch wenn die Daten der Meldebehörde inzwischen automatisch an die Familienkasse übertragen werden, müssen Bezugsberechtigte den Umzug selbst melden.


Wie hoch ist das Risiko, „erwischt“ zu werden?

Aber wie hoch ist das Risiko, dass die Familienkasse von Umständen erfährt, die zum Vorwurf Kindergeldhinterziehung führen können?

Das Risiko ist seit 2018 gestiegen: Das Bundeszentralamt für Steuern darf seitdem Meldedaten an die Familienkasse weitergeben, wenn sich die Daten z.B. wegen eines Umzugs ändern. Vor allem die automatische Datenübermittlung bei einem Umzug ins Ausland birgt ein gewisses Risiko, in den Fokus der Familienkasse zu geraten.    


Kindergeldhinterziehung ist als Steuerhinterziehung strafbar

Es erscheint hart, dass Personen bei einer Überzahlung von Kindergeld dem Risiko eines Strafverfahrens ausgesetzt sind – vor allem wenn eine Person nicht in voller Absicht unberechtigt Leistungen in Anspruch nimmt.

Allerdings ist in der Abgabenordnung klar geregelt, dass man sich auch in einem solchen Fall wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO) strafbar machen kann. Das gilt einerseits, wenn man

  • vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben über kindergeldrelevante Tatsachen macht und deshalb ungerechtfertigt Kindergeld erhält oder
  • die Finanzkasse als Finanzbehörde vorsätzlich und pflichtwidrig nicht über Tatsachen bzw. Änderungen von Tatsachen informiert, die für den Bezug von Kindergeld relevant sind.

Wie hoch die Strafe für die Hinterziehung von Kindergeld ausfällt, hängt dann wiederum davon ab, wieviel Kindergeld unberechtigt bezogen wurde: mit einer Geldstrafe ist jedenfalls schon bei dem unberechtigten Bezug von Kindergeld über einen Zeitraum von wenigen Monaten zu rechnen. Wer mehr als 100.000 Euro hinterzogen hat, muss mit einer Freiheitsstrafe rechnen.


Ist ein Bußgeld wegen Hinterziehung von Kindergeld möglich?

Allerdings macht man sich nicht in jedem Fall strafbar, wenn man unberechtigt Kindergeld bezogen hat. Denn der Vorwurf der Familienkasse kann auch „leichtfertige Steuerverkürzung“ lauten. Hat man nur gegen eine Sorgfaltspflicht verstoßen, kann das als Steuerordnungswidrigkeit gelten. Dann droht nur ein Bußgeld.


Rückforderung und Hinterziehungszinsen Kindergeld

Die Familienkasse wird den hinterzogenen Betrag vom Beschuldigten zurückfordern. Allerdings sind diese Ansprüche auch nicht zeitlich unbegrenzt möglich: Rückforderungsansprüche können maximal für einen Zeitraum von zehn Jahren eingefordert werden.

Achtung! Nicht selten fordert die Familienkasse überbezogenes Kindergeld auf einen Schlag zurück. Das kann Familien finanziell hart treffen. Hier ist es sinnvoll, mit Unterstützung eines Rechtsanwaltes eine Ratenzahlung zu verhandeln.

Allerdings muss man nicht nur das überbezahlte Kindergeld erstatten. Außerdem werden sog. Hinterziehungszinsen fällig.


Selbstanzeige bei Hinterziehung von Kindergeld?

Kindergeldhinterziehung ist eine Form der Steuerhinterziehung. Stellt sich also die Frage: Ist auch hier eine Selbstanzeige sinnvoll?

Die Antwort lautet: grundsätzlich ja! Denn auch hier ist es möglich, mit einer Selbstanzeige eine Strafverfolgung zu verhindern. In diesem Fall muss man allerdings alle notwendigen Angaben nachholen, die man nicht gemacht hat, oder unrichtige Angaben komplett richtigstellen.

Und doch verhindert eine Selbstanzeige nicht immer, dass die Familienkasse Strafanzeige wegen der Hinterziehung von Kindergeld stellt. So ist ein Strafverfahren trotz Selbstanzeige möglich, wenn

  • ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet ist und die betroffene Person das weiß
  • die Steuerhinterziehung bereits „entdeckt“ ist und die betroffene Person damit zumindest rechnen musste
  • der Steuervorteil durch die Kindergeldhinterziehung mehr als 50.000 Euro beträgt

Achtung! Auch bei einer Selbstanzeige wegen Kindergeldhinterziehung muss man das überbezahlte Kindergeld erstatten. Bewerten die Behörden den Fall als Steuerhinterziehung, kommen Hinterziehungszinsen hinzu!


Was tun bei Strafanzeige wegen Hinterziehung von Kindergeld?

Wurde ein Strafverfahren eingeleitet, sollte man grundsätzlich nicht den Kopf verlieren!

Unsere Tipps für diese Situation:

  • Ruhe bewahren, nicht unüberlegt Kontakt z.B. mit der Familienkasse aufnehmen
  • Keine unbedachten Aussagen machen
  • Anwalt für Ersteinschätzung kontaktieren
  • Anwalt nimmt Akteneinsicht und prüft Vorwürfe gegen Sie genau
  • Anwalt fordert ordnungsgemäße Durchführung der sozialrechtlichen Anspruchsprüfung durch das Gericht
  • Zusammen legt man Strategie fest
  • Ggfs. kann der Anwalt erreichen, dass das Verfahren eingestellt wird
  • Nötigenfalls vertritt Ihr Anwalt Sie vor Gericht, um ein möglichst mildes Urteil zu erwirken

Sie benötigen Unterstützung?

Für den Fall, dass Sie diesbezüglich oder generell Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!

Ihr Christopher Arendt

Fragen zur Kindergeldhinterziehung?


Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht
Geschäftsführer der ACCONSIS

Dr. Christopher Arendt

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