Mehrwertsteuer 2021: Änderung & Anpassungen. Rückkehr zu 19 % bzw. 7 % ab 1. Januar 2021!


Am 31. Dezember 2020 endete die Niedrigsteuerphase der Mehrwertsteuer. Für alle ab dem 1. Januar 2021 ausgeführten Umsätze gelten wieder die früheren Mehrwertsteuersätze von 19% bzw. 7%.

Auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme von Getränken) wird in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2022 (!) jedoch der ermäßigte Steuersatz von 7 % angewandt.

Neben praktischen Umsetzungsschwierigkeiten haben sich durch die befristete Steuersatzsenkung in materiell-rechtlicher Hinsicht zahlreiche Fragestellungen ergeben.

Wir haben alle Fragen und Antworten zu den Änderungen und Anpassungen der Mehrwertsteuer 2021 für Sie zusammengefasst!


Mehrwertsteuer 2021: Änderung und Anpassungen: Rückkehr zu 19 % bzw. 7 % ab 1. Januar 2021!

Mit der befristeten Steuersatzsenkung der Umsatzsteuer sind neben praktischen Umsetzungsschwierigkeiten mannigfaltige Fragestellungen in materiell-rechtlicher Hinsicht einhergegangen. Dem hat das BMF bereits mit dem Schreiben vom 30. Juni 2020 Rechnung getragen. Das nunmehr veröffentlichte BMF-Schreiben vom 4. November 2020 ergänzt das bisherige BMF-Schreiben und befasst sich vordergründig mit den Fragestellungen, die mit der Rückkehr zur „Normalsteuerphase“ zum 1. Januar 2021 verbunden sind. 

Die aufgegriffenen Regelungen sind weitestgehend zu begrüßen, zumindest führen sie zu einem erhöhten Maß an Rechtssicherheit. Dennoch können viele praxisrelevante Fragen weiterhin noch nicht rechtssicher beantwortet werden.


Voraus- und Anzahlungsrechnungen

Für Vorauszahlungen und Anzahlungen, die in der „Niedrigsteuerphase“ vereinnahmt werden, sind die Umsatzsteuersätze 16 % bzw. 5 % heranzuziehen. Steht aber fest, dass die jeweilige Leistung erst nach dem 31. Dezember 2020 erbracht wird, kann bereits der dann gültige Steuersatz der Mehrwertsteuer von 19 % bzw. 7 % ohne Beanstandung angewandt und in Rechnung gestellt werden. Der Leistungsempfänger ist daraus zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das BMF klärt damit vor allem die Rechtsunsicherheit, die bisher bei Anzahlungsrechnungen in solchen Konstellationen bestanden hat.

Von dieser Nichtbeanstandungsregelung sollte auch Gebrauch gemacht werden. Denn das BMF stellt klar, dass Vorauszahlungen oder Anzahlungen, die vor dem 1. Januar 2021 in Rechnung gestellt und nach dem 31. Dezember 2020 vereinnahmt werden, mit einem Steuersatz von 19 % bzw. 7 % zu versteuern sind. Auch dann, wenn die Rechnung einen geringeren Steuersatz ausweist. Der Vorsteuerabzug steht dem Leistungsempfänger unter den übrigen Voraussetzungen nur in Höhe der ausgewiesenen Steuer zu. Diese Situation gilt es zu vermeiden.

Bau- und Ingenieurleistungen

Für Bau- und Ingenieurleistungen ist für den Steuersatz der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung maßgeblich. Die Leistung ist dann erbracht, wenn sie vollständig erledigt und vom Auftraggeber abgenommen worden ist. Ist eine Abnahme der Leistung vertraglich oder gesetzlich vorgesehen, ist diese maßgeblich für den Leistungszeitpunkt. Das heißt, auch wenn sich solche Leistungen über mehrere  Wochen oder Monate im Jahr 2020 hingezogen haben, aber erst in 2021 abgenommen werden, kommt der Steuersatz von 19 % Mehrwertsteuer zur Anwendung.

Ähnliches gilt für die Mehrwertsteuer 2021 bei Dauerleistungen wie bei Wartungen und Lizenzvereinbarungen. Hier ist anhand der vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen, welcher Leistungszeitraum vereinbart worden ist. Wurde ein einheitlicher Leistungszeitraum vereinbart, der im Jahr 2021 endet, kommt der Steuersatz von 19 % bzw. 7 % zur Anwendung. Wurden monatliche Zeiträume vereinbart, bzw. für die Abrechnung zugrunde gelegt, wird für die Monate Juli bis Dezember 2020 der reduzierte Steuersatz von 16 bzw. 5 % angewendet. Eventuell zu Beginn des Jahres 2020 gestellte Rechnungen mit dem regulären Steuersatz können für das 2. Halbjahr 2020 korrigiert werden, wenn die Abrechnungs- bzw. Leistungszeiträume entsprechend vereinbart wurden.


Mehrwertsteuer 2021 bei Gutschein für einen verbindlich bestellten Gegenstand 

Darüber hinaus nennt das BMF Abgrenzungsmerkmale von Einzweck-Gutscheinen zu bloßen An- oder Vorauszahlungen. Beim Ausstellen von Einzweck-Gutscheinen stehen der Ort der Leistung und die für diese Umsätze geschuldete Steuer fest. Der Gutschein ist aber nicht dergestalt mit einer einzelnen Leistung verknüpft, dass eine individualisierte Stückschuld vorliegen würde, für die der Gutschein eingelöst werden müsste. Wenn der einzelne, konkretisierte Leistungsgegenstand feststeht, handelt es sich nämlich nicht mehr um eine Zahlung für einen Gutschein, sondern um eine An- oder Vorauszahlung im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG.


Sondersachverhalte bei der Mehrwertsteuer 2021

Zudem gibt es bei der Mehrwertsteuer 2021 Vereinfachungen und Klarstellungen für folgende Bereiche:

  • Erstattung von Pfandbeträgen
  • Gewährung von Jahresboni
  • Besteuerung von Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen sowie von Abwasserbeseitigung (Vereinfachungsregelungen des BMF-Schreibens vom 30. Juni 2020 gelten auch für EEG-Einspeisung und Netznutzung. Irrelevant ist, ob der Leistungsempfänger Endverbraucher oder Versorgungsunternehmer ist.)
  • Besteuerung von Personenbeförderungen im Schienenbahnverkehr, im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen und im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen
  • Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen
  • Anzuwendender Steuersatz bei Gesamtmargenbildung nach bei Reiseleistungen
  • Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 4 UStG
  • Zeitungs- und Zeitschriftenabonnement
    .

BREXIT – Ablauf der Übergangsfrist zum 31. Dezember 2020

Zum 1. Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der EU ausgetreten. Umsatzsteuerrechtlich galten bis zum Ablauf der Übergangsfrist zum 31. Dezember 2020 noch die EU-Regelungen. Das Abkommen, auf das sich die EU und das Vereinigte Königreich am 24. Dezember 2020 geeinigt haben, lässt das ursprünglich geschlossene Austrittsabkommen im Hinblick auf die Umsatzsteuer unberührt. Ab dem 1. Januar 2021 unterliegen Umsätze im Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien, sowie im Dienstleistungsverkehr mit Nordirland, den für das Drittlandsgebiet geltenden Vorschriften zur Umsatzsteuer. Eine Ausnahme gilt für den Warenverkehr mit Nordirland, welcher weiterhin den Vorschriften für den innergemeinschaftlichen Handel unterliegt.


Mini-One-Stop-Shop (MOSS) wird zu One-Stop-Shop (OSS) ab 1. Juli 2021

Das Mini-One-Stop-Shop-Verfahren wird ersetzt durch den One-Stop-Shop. Künftig können nicht mehr nur auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen, Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen, sondern auch innergemeinschaftliche Fernverkäufe sowie Einfuhren mit einem Sachwert von höchstens EUR 150,- über OSS gemeldet werden. Das Verfahren ist nur einheitlich für die gesamte EU nutzbar.


Aus Versandhandel wird Fernverkauf ab 1. Juli 2021

Für den innergemeinschaftlichen Fernverkauf werden die bisherigen länderspezifischen Lieferschwellen gestrichen und durch eine EU-einheitliche Geringfügigkeitsschwelle von EUR 10.000,- ersetzt. Der neue Schwellenwert gilt dabei für alle Lieferungen in andere Mitgliedstaaten, ist also nicht beschränkt auf Lieferungen in einen bestimmten Mitgliedstaat. 


Fernverkauf aus Drittland ab 1. Juli 2021

Die Steuerbefreiung für Kleinbetragssendungen bis EUR 22,- aus dem Drittland wird abgeschafft. Die Einfuhr von Sendungen mit einem Sachwert von höchstens EUR 150,- ist aber gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei, wenn der Ausgangsumsatz im OSS gemeldet wird.

Fiktives Reihengeschäft bei Umsätzen über elektronische Schnittstelle (z. B. Online-Marktplatz) ab 1. Juli 2021

Durch § 3 Abs. 3a UStG wird in folgenden Fällen ein Reihengeschäft zwischen Onlinehändler, elektronischer Schnittstelle und Endkunde fingiert:

  • Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer 
  • Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens EUR 150,- 


Ablauf relevanter Nichtbeanstandungsregelungen 

Am 18. September 2020 veröffentlichte das BMF das lang erwartete Schreiben zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung und zum Vorsteuerabzug ohne ordnungsgemäße Rechnung. Bei Rechnungsberichtigungen, die bis zum 31. Dezember 2020 übermittelt werden, sieht das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung vor. Danach durfte der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen bis zum 31. Dezember 2020 in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in dem die berichtigte Rechnung ausgestellt wurde. Ab dem 1. Januar 2021 kann der Vorsteuerabzug nur in dem Besteuerungszeitraum geltend gemacht werden, in dem die ursprüngliche Rechnung ausgestellt wurde. 

Am 2. November 2020 erschien ein BMF-Schreiben zu der gesetzlichen Regelung in § 3 Abs. 13 bis 15 UStG zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Gutscheinen. Die Regelung ist rückwirkend zum 01.01.2019 anwendbar. Bis 2. Februar 2021 gilt aber eine (nicht näher konkretisierte) Nichtbeanstandungsregelung.


Keine schriftliche amtliche Bestätigung ausländischer USt-ID durch BZSt ab 1. Januar 2021

Vom BZSt werden keine schriftlichen amtlichen Bestätigungen ausländischer USt-IDs mehr versandt. Eine Abfrage ausländischer  USt-IDs über das Webportal des BZSt ist weiterhin möglich. Unternehmer sollten darüber einen entsprechenden Nachweis führen (z. B. Archivierung BZSt-Datensatz, Screenshot, Ausdruck). 

Verlängerte Abgabefrist für Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019

Die Abgabefrist für durch Steuerberater erstellte Umsatzsteuer-Jahreserklärungen 2019 verlängert sich vom 28. Februar 2021 auf den 31. August 2021.




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Fragen zur Änderung der Mehrwertsteuer 2021?

Rolf Hackspiel Umsatzsteuerexperte in München

Dipl. Fin.-W. (FH), Steuerberater
Rolf Hackspiel
Geschäftsführer der Acconsis GmbH Steuerberatungsgesellschaft

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