Aktuelle Rechtsprechung zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Das Bundesarbeitsgericht hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem eine Arbeitnehmerin ihre Kündigung erklärte und noch am Tag des Zugangs der Kündigung beim Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegte.

Nach dieser sogenannten AU-Bescheinigung wurde sie auf den Tag genau bis zum Ablauf der Kündigungsfrist krankgeschrieben.

Der Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung, da er die AU-Bescheinigung wegen der Umstände anzweifelte. Die Arbeitnehmerin gewann in den ersten beiden Instanzen. In letzter Instanz gab das Bundesarbeitsgericht jedoch dem Arbeitgeber Recht.

Wie kam es zu diesem Urteil? Was bedeutet es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Sind Online-Krankschreibungen gültig und was gilt zu Zeiten der Corona-Pandemie?


Zweifel an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Passgenaue Krankschreibung nach Kündigung erschüttert Beweiswert der AU-Bescheinigung

 Die „passgenaue“ Krankschreibung ließ auch bei den Richtern ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin aufkommen. Im weiteren Prozessverlauf war es der Arbeitnehmerin nicht gelungen, ihre Arbeitsunfähigkeit durch andere Beweismittel nachzuweisen. Der Arbeitgeber hatte die Entgeltfortzahlung zu Recht verweigert.

Was bedeutet dieses Urteil für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

  • Für Arbeitgeber ist diese Rechtsprechung interessant, da die AU-Bescheinigung im Arbeitsgerichtsprozess oft als unüberwindbares Bollwerk gilt, dessen Beweiswert durch den Arbeitgeber nicht erschüttert werden kann. Dies oftmals auch dann, wenn für den Arbeitgeber offensichtlich ist, dass die Krankschreibung vom Arbeitnehmer nur vorgeschoben wurde, um nicht am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen.
  • Für Arbeitnehmer ist wichtig zu wissen, dass sie bei ernsthaften Zweifeln an der Rechtmäßigkeit ihrer AU-Bescheinigung gegebenenfalls ihre Arbeitsunfähigkeit im Prozess durch andere Beweismittel nachweisen müssen. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Verbleiben dann noch Zweifel, gehen diese zulasten des Arbeitnehmers.

Ist eine Online-Krankschreibung ausreichend?

Teilweise bieten Start-ups mittlerweile auch sogenannte Online-Krankschreibungen an, bei denen der Arbeitnehmer eine Krankschreibung erhält, ohne zuvor persönlichen Kontakt zu einem Arzt gehabt zu haben.

Doch Vorsicht: Sollte der Arbeitnehmer eine AU-Bescheinigung vorlegen, die lediglich auf Grundlage eines solchen Online-Austauschs mit dem Arzt stattgefunden hat, kann der Arbeitgeber die Bescheinigung in Zweifel ziehen. 

Weitere Urteile bestätigen, dass bei der Ausstellung ärztlicher Atteste ein unmittelbarer Kontakt zwischen Arzt und Patient stattfinden müsse. Ohne diesen persönlichen Kontakt könne kein Arzt feststellen, ob der Patient tatsächlich an der von ihm selbst vermuteten oder behaupteten Krankheit leide. Für den Normalfall könne daher auch bei leichteren Erkrankungen für die Ausstellung einer Krankschreibung nicht auf den unmittelbaren persönlichen Kontakt mit den Patienten verzichtet werden.

Corona-Sonderregeln

Auf Grund der aktuellen pandemiebedingten Sondersituation hat der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 16.09.2021 allerdings die Corona-Sonderregeln für Arztbesuche bei leichten Atemwegsinfekten noch einmal bis 31.12.2021 verlängert. Krankschreibungen, ärztlich verordnete Leistungen und telefonische Beratung sind bei diesem Krankheitsbild auch telefonisch möglich. Ob sich dies auf die Rechtsprechung zum Beweiswert der AU-Bescheinigung auswirken wird, bleibt abzuwarten.

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Christian Seidel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Prokurist der Acconsis GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft


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